Europa am Limit
Shownotes
Die Europawahl hat gezeigt, dass es so nicht weitergehen kann, politisch und gesellschaftlich. Nicht nur wegen des AfD-Erfolgs, sondern auch, weil die Ampel offensichtlich fast jeden Rückhalt verloren hat. Auch in anderen Teilen Europas waren die Ergebnisse aus demokratischer Sicht bitter. Jule und Sascha schauen sich heute den Rechtsruck in Deutschland an und sprechen dabei zum einen über TikTok als vermeintlichen Grund für den Erfolg der AfD sowie über den Osten Deutschlands, in dem die Putin-nahen Parteien in manchen Gegenden fast die Hälfte der Stimmen bekamen. Woher kommt die Wut der Jugend? Was steckt hinter den Wählerwanderungen? Hat die Ampel versagt? Wo können wir aber auch Hoffnung schöpfen?
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00:00:00: Hallo Leute, schön, dass ihr einschaltet zu einer neuen Folge von "Feel the News", was
00:00:05: Deutschland bewegt.
00:00:06: Wir sprechen hier jede Woche über Themen, die uns zu Hause bewegen, die euch bewegen
00:00:10: und heute soll es um die Europawahl gehen.
00:00:13: Die Europawahl hat gezeigt, dass es nicht so weitergehen kann, politisch und gesellschaftlich.
00:00:18: Nicht nur wegen des AfD-Erfolgs, sondern auch, weil die Ampel in allen Alters- und Bevölkerungsschichten
00:00:23: offensichtlich fast jeden Rückhalt verloren hat.
00:00:25: Wir schauen natürlich auf die Schwierigkeiten in Europa, vor allem aus deutscher Perspektive.
00:00:32: Und was ist da passiert?
00:00:34: Die Europawahl 2024 hatte in Deutschland folgendes Ergebnis.
00:00:38: Union 30%, AfD 15,9%, SPD 13,9%, Grüne 11,9%, B.S.W., das Bündnis Sarah Wagenknecht 6,2%,
00:00:50: SPD 5,2%, Freie Wähler 2,7%, Die Linke 2,7%, Wolt 2,6%, die Partei 1,9%.
00:01:01: Und schließlich haben jeweils noch mit unterschiedlichen Prozentanteilen einen Sitz im Europaparlament
00:01:07: bekommen.
00:01:08: Die Tierschutzpartei, die Familienpartei, die ökologisch-demokratische Partei, ÖDP
00:01:13: und die absurde Partei des Fortschritts.
00:01:16: Die Ampel käme gemeinsam, alle drei Parteien, nur noch auf 31 Prozent der Stimmen, also
00:01:23: nicht mal ein Drittel der Wählenden, haben die Bundesregierung bei der Europawahl unterstützen
00:01:30: wollen.
00:01:31: Die CDU hat nach diesem Ergebnis Neubau allen gefordert, allerdings ist das in Deutschland
00:01:35: gar nicht so leicht und kann nur über Umwege eingeleitet werden, zum Beispiel über eine
00:01:40: Vertrauensfrage des Bundeskanzlers, also eine Abstimmung, ob seine Regierung im Parlament
00:01:46: noch eine Mehrheit hat.
00:01:47: Die Diskussion nach der Wahl drehte sich allerdings vor allem um den Rechtsrück in
00:01:52: Deutschland, gerade bei Jugendlichen, aber auch um TikTok, so als tatsächlichen oder
00:01:57: vermeintlichen Grund dafür, dass die Jugend nach rechts gerückt sein soll und auch um
00:02:02: den Osten Deutschlands.
00:02:04: Denn dort war nicht nur fast überall in fast jedem Wahlbezirk die AfD stärkste Partei,
00:02:11: in manchen Gegenden ist es sogar noch schlimmer gekommen, kann man sagen.
00:02:15: Die beiden putinaren Parteien, nämlich die AfD und die B.S.W. von Sarah Wagenknecht
00:02:20: zusammen, haben etwa in Sachsen weit über 40 Prozent der Stimmen bekommen.
00:02:26: Auch in anderen Teilen Europas waren die Ergebnisse aus demokratischer Sicht bitter,
00:02:31: wenn man auch dazu sagen muss nicht in allen.
00:02:33: In Frankreich aber hat Marine Le Pen's Partei R&N mit weitem Abstand die meisten Stimmen
00:02:38: geholt.
00:02:39: Macron hat daraufhin noch am Abend das Parlament aufgelöst und Neuwahlen ausgerufen.
00:02:45: Das ist ein ziemlich krasser Move.
00:02:48: Auch in Italien gab es einen Rechtsruck in Richtung der oft als postfaschistisch bezeichneten
00:02:54: Fratelli d'Italia von Ministerpräsidentin Giorgia Miloni.
00:02:58: Und in Österreich ist die rechtsextreme FPÖ die stärkste Partei geworden.
00:03:02: Sie wird geführt von Herbert Kickel, einem super radikalen, super verblendeten Rechtsextremisten.
00:03:09: Das ist also die Situation, vor der wir jetzt nach der Europawahl in den uns umgebenden
00:03:14: Ländern stehen.
00:03:15: Ja, und warum machen wir diese Sendung?
00:03:21: Wir wollen heute natürlich die Gefühle, die ganzen Ergebnisse der Europawahl besprechen,
00:03:26: wollen sehen, wo wir Hoffnung schöpfen können, wollen sehen, wo man anpacken muss, wo man
00:03:30: kritisieren muss und darum soll es heute in der Sendung gehen und wir freuen uns, wenn
00:03:34: ihr das mit uns anhört, mit uns mit diskutiert.
00:03:37: Ja, Sascha.
00:03:38: Ja.
00:03:39: Also, interessanterweise ist Ursula von der Leyen, quasi die konservative Fraktion, führt
00:03:48: im Europaparlament nach der Wahl so richtig positiv.
00:03:53: Ich meine, wir haben zehn Sätze dazu gewonnen mit der EVP, das sind quasi die Konservativen
00:03:57: im Europaparlament, die Zusammenschluss von den CDU-Europas gewissermaßen.
00:04:01: Und gleichzeitig war mein Gefühl auch entlang der sich abzeichnenden Mehrheiten, okay krass.
00:04:11: Es gibt eigentlich jetzt im Europaparlament mehr oder weniger nur zwei Richtungen.
00:04:17: Entweder kriegt Ursula von der Leyen irgendwie hin, die Grünen mit an Bord zu holen in eine
00:04:22: merkwürdige Form von Koalition.
00:04:24: Es gibt ja nicht so richtig Koalition, sondern irgendwie so Zusammenarbeitsmechanismen
00:04:28: oder sie geht ganz nach rechts und fängt an mit rechtsextremen Parteien zu parktieren.
00:04:37: Und jetzt sehe ich das noch mal ein bisschen offen, aber das war mein Gefühl, wow, nicht
00:04:42: nur dass wir in Deutschland einen Rechtsruck haben, sondern und das ist bei ganz vielen
00:04:46: Diskussionen gar nicht im Vordergrund, aber wenn die Wahlen so ausgehen, dass die konservativen
00:04:51: Parteien plötzlich anfangen, zum Machterhalt oder auch einfach damit das ganze regierbar
00:04:58: bleibt, zu parktieren mit ganz ganz rechts.
00:05:02: Das hat mir ein sehr sehr dumpfes Gefühl erzeugt im Bauch.
00:05:06: Ich hatte die letzten Jahre ein paar Mal so dieses Gefühl nach Wahlen, dass man so sehr
00:05:13: hoffnungslos war, weinen musste, dass es mir nicht gut ging.
00:05:18: Und es war ehrlich gesagt am Sonntag auch so, ich lag schon im Bett, als ich so nochmal
00:05:24: die Wahlergebnisse durchgesehen habe und du warst noch unten mit unseren nachtaktiven
00:05:28: Kindern und ich habe angefangen zu heulen, habe echt noch mal überlegt, ob ich noch
00:05:33: mal runterkommen soll zu dir und noch mal mit dir darüber reden soll, weil ich finde,
00:05:38: es gibt manchmal so Momente, wo man sich denkt, dann hat man so ein kleines, ich hatte unser
00:05:42: kleines Baby neben mir liegen und dann hat man so dieses Kind da liegen und schaut es
00:05:45: so an und denkt sich so in was für eine Welt wirst du groß, was für eine Welt schaffen
00:05:50: wir dir da gerade und manchmal hilft es ja total Kinder zu haben in solchen Momenten,
00:05:56: weil man sich denkt bei allem was so an Stürmen außerhalb des Hauses passiert, hat man hier
00:06:02: drin irgendwie seine Festung.
00:06:04: Ich finde aber, dass es auch Momente gibt, in denen man viel angreifbarer, verletzlicher
00:06:08: ist durch Kinder und wenn es so in Zukunftsfragen geht, man wünscht sich natürlich irgendwie
00:06:13: als Eltern, dass die in der Welt kommen, reinwachsen, die gut ist und mir ging es schon so am Sonntag,
00:06:22: dass ich dachte, das ist für mich gerade schlimm, es ist für viele Menschen, die
00:06:28: nicht weiß gelesen sind, die Migrationshintergrund haben, ich habe dann diese ganzen Stories
00:06:33: und Nachrichten gesehen von Menschen, die gesagt haben, ich, das Alljährliche, wo könnte
00:06:37: man sonst auswandern, fängt wieder an, so dieses Gedankenkarussell.
00:06:41: All das sind Momente, die bei mir jetzt nach dieser Wahl total kamen und es hat dann so
00:06:50: zwei Tage gedauert, bis ich so ein Optimismus passen konnte und mich ehrlich gesagt persönlich
00:06:55: auf den Fakt gestützt habe, dass die Mehrheit nicht die AfD gewählt hat, dass die CDU,
00:07:00: ich hatte nicht gedacht, dass ich mich darüber mal so freuen werde, aber dass die CDU es
00:07:03: ja schon geschafft hat, Menschen abzuholen und Menschen abzuholen in der Zeit, die
00:07:11: theoretisch auch hätten die AfD wählen können und das ist für mich jetzt gerade so der
00:07:15: Hoffnungsschämmer, den wir auch gerne nochmal besprechen können heute oder würde ich gerne
00:07:18: auch nochmal mit dir tiefer besprechen, ob das wirklich ein Hoffnungsschämmer sein
00:07:21: kann, aber die ersten Tage ging es mir ehrlich gesagt echt schlecht, auch weil ich es nicht
00:07:26: so erwartet habe, gerade so vor den Wahlen dachte ich, die AfD hatte jetzt so viele Skandale,
00:07:31: jetzt geht vielleicht dieser Lauf weiter, den man ja vor den Europawahlen so ein bisschen
00:07:34: gehabt hat, dass man sich dachte, vielleicht ist das das Ende der AfD, vielleicht werden
00:07:38: die wieder kleiner, vielleicht merken die Leute, dass das nicht die Lösung sein kann
00:07:42: und dann ist man in Berlin und auch hier gibt es Bezirke, das hat sich so in meinen Kopf
00:07:49: gebrannt, wie viele Bezirke es hier gibt, bei denen die AfD auf der Eins ist und das ist
00:07:54: schon was, ich kann das gerade schwer abschütteln und das verfolgt mich.
00:07:58: Ja, bei mir ist das ähnlich, das abschütteln, das funktioniert bei mir wirklich nur, wenn
00:08:04: ich das ausblende. Also im Moment ist es zu verarbeiten und dann näher ran zu suchen
00:08:09: und sich das im Einzelnen anzugucken, gar nicht so leicht für mich, gerade wenn ich
00:08:14: mir anschaue, wir haben dieses Jahr noch zwei Landtagswahlen in Osten der Bundesrepublik
00:08:21: und das sieht sehr stark danach aus, als würde dort die AfD nicht nur stärkste Kraft, sondern
00:08:26: hätte zum Beispiel mit vielleicht so ein bisschen Verbiegungsmöglichkeit die Möglichkeit
00:08:35: an die Macht zu kommen. Das ist jetzt weit geschossen, aber eben nicht so weit, wenn
00:08:39: wir sehen, Sarah Wagenknecht aus meiner Sicht ohnehin eine Querfrontlerin hat zwar die
00:08:44: Zusammenarbeit mit der AfD weitgehend ausgeschlossen, aber ob das noch so stimmt, wenn zum Beispiel
00:08:51: in Sachsen die AfD 39,7% bekommt, zwischendurch war die Hochrechnung in Sachsen sogar bei
00:08:58: 40%. Der AfD ist dann wieder ein bisschen gesunken, aber irgendwie bekommt dann irgendwie im
00:09:03: Landtagswahl 39,7% und dann bekommt Sarah Wagenknecht irgendwie 9,8% und dann sagt sie
00:09:10: eine Zusammenarbeit nicht, aber dulden würde ich die schon.
00:09:12: Wir verfolgen die gleichen Ziele, Bla, Bla, Bla, was man ganz so sagt.
00:09:15: Denn das ist ja so eine Putin-Achse, das sind beide nationalistisch, Sarah Wagenknecht
00:09:18: super nationalistisch. Sie sind beide extrem Putin nah, sie sind beide extrem EU-kritisch.
00:09:23: Es gibt eine Vielzahl von Parallelen. Man hat ja zuletzt gesehen als Zelensky, der ukrainische
00:09:32: Regierungschef, als Zelensky im Parlament gesprochen hat, im Bundestag. Da gab es
00:09:38: zwei Parteien, die nicht gekommen sind oder rausgegangen sind oder mit völlig krassen
00:09:43: Faktionen unmöglich gemacht haben, nämlich die AfD und die BSW, also das Bündnis Sarah
00:09:48: Wagenknecht. Da gibt es Parallelen und das macht mir auf jeden Fall auch Sorgen. Das
00:09:53: ist so ein dunkler Schatten, da kann ich das total nachvollziehen, dass du...
00:09:57: Es gibt ja jetzt schon einige Kuriositäten, die bei dieser Wahl so ans Licht gekommen
00:10:02: sind. Das Bündnis war Sarah Wagenknecht, das ist eines von diesen Kuriositäten. Aber
00:10:05: ich würde erst mal so um die grundsätzliche Europawahl reden, weil in meiner Wahrnehmung
00:10:10: war das immer eine Wahl, die nicht so super wichtig war. Also so jetzt... Sie ist tatsächlich
00:10:18: ja wichtig, aber ich hatte das Gefühl, dass das jetzt so in der Gesellschaft eine Wahl
00:10:21: war, bei der die Wahlbeteiligung nicht so hoch ist, bei der die Leute denken, ach Europa,
00:10:25: kommen mir noch ganz viele andere Länder zusammen, wir sind ja nur ein Teil dann von
00:10:29: dem Zusammenschluss. Was bringt da jetzt meine Stimme? Pipapo. Und das hatte ich ehrlich
00:10:34: gesagt bei dieser Wahl gar nicht, was ich total toll fand. Die Wahlbeteiligung war hoch und
00:10:39: die Menschen... Ich hatte das Gefühl, dass die Gesellschaft auch einfach total beeinflusst hat.
00:10:46: Also das war auf jeden Fall im Gespräch, es war in den Medien und das finde ich erst
00:10:50: mal, das freut mich aus einem demokratischen Aspekt total, dass so viele Menschen da am
00:10:57: Sonderkinn gegangen sind zu dieser Wahl und auch danach diskutiert haben. Und ich frage
00:11:02: mich oder würde dich gerne fragen, glaubst du, das ist jetzt, weil es halt schon so der
00:11:08: letzte große Rauszoom vor einer Bundestagswahl ist, also dass die Leute wirklich jetzt interessiert
00:11:14: waren, ist es so, weil die Menschen einfach politisierter sind, ist es so, dass gerade
00:11:19: eine große Unzufriedenheit herrscht und man dann natürlich mit Wahlen am meisten seinen
00:11:23: Unmut ausdrücken kann? Was glaubst du? Ich glaube, da spielen ganz viele Faktoren mit
00:11:28: rein. Mein Gefühl ist, dass unterschätzt wird, wie sehr der Krieg in Europa, der ja immer
00:11:34: noch herrscht, der Angriffskrieg von Russland gegen die Ukraine, wie sehr der im Untergrund
00:11:39: rumort und dadurch Europa plötzlich näher zusammenrücken lässt, wichtiger erscheinen
00:11:45: lässt, dass das von allen Seiten betrachtet, ich glaube, das ist schon eine Rolle, dann
00:11:51: ist es ja auch einfach so, dass in Europa, das ist ein totaler Malus, du sagst, das ist
00:11:56: nicht so wichtig, das ist auch immer mein Gefühl gewesen, dass die Leute das für nicht so
00:11:59: richtig wichtig halten, aber das liegt auch daran, dass man ganz viele von den Politiker*innen
00:12:07: da nicht kennt, zum Beispiel, ich würde sagen, ich habe mich sehr häufig intensiv in der
00:12:13: Politik umgetan und so und dann wurde irgendwann im letzten Jahr die SPD Berlin, EU-abgeordneten
00:12:21: Kandidaten vorgestellt und ich hatte von der noch nie gehört. Also das ist, glaube ich,
00:12:28: schon auch symptomatisch. Also ich weiß, dass Katharina Bale da schon der ganze Zeit irgendwie
00:12:33: die Spitzenkandidatin insgesamt der SPD war, die wurde ja auch plakatiert zusammen mit
00:12:37: Olaf Scholz, ich habe, als die Justizministerin war, auch mal getroffen und mit ihr länger
00:12:41: gesprochen und habe dann ein ganz gutes Gefühl für ihre Form von Politik, aber ich habe in
00:12:47: den letzten Jahren nichts mitbekommen, was die SPD europa-seitig im Parlament gemacht
00:12:54: hätte, was sie da für Politik gemacht hätte. Bei den Grünen so ein bisschen, bei der CDU
00:12:59: durch Ursula von der Leyen war es ziemlich präsent, jetzt bei mir jedenfalls, aber was
00:13:03: der SPD angeht, das war nicht so und das ist, glaube ich, ein Punkt, der nicht zu unterschätzen
00:13:08: ist. Die Leute kriegen von Europa, von diesen politischen Handlungen vergleichsweise wenig
00:13:14: mit und dann fühlt es sich automatisch auch nicht mehr so wichtig an. Das wäre jedenfalls
00:13:17: meine These. Was glaubst du denn, warum? Also ich glaube, dass durch vor allem
00:13:24: die Werbung oder Antiverbung der AfD für die Europawahl die Inhalte spürbarer geworden
00:13:33: sind die letzten Monate. Also man hat oft, finde ich so, wenn man so rassistische Aussagen
00:13:38: gehört hat oder fremdenfeindliche Aussagen, dann waren die oft auch auf Europa bezogen.
00:13:41: "Hil, wir zahlen hier die und wir können froh sein, dass die dabei sind, da zahlen
00:13:45: wir ja nur rein ins Land." Also so Stammtisch-Phrasen, aber in der Gesellschaft, auch untermalt
00:13:51: irgendwie mit TikTok und Instagram Reels, bei denen ich dachte, ja, das ist tatsächlich
00:13:58: Teil einer europäischen Politik, was ich interessant finde, weil das ja erst mal, auch wenn der
00:14:04: Outcome nicht so gut ist, finde ich es interessant zu sehen, dass wir inzwischen so sehr in
00:14:10: einer politischen Gesellschaft leben, dass sogar europäische Fragen im Alltag eine Rolle
00:14:17: spielen. Jetzt muss man, finde ich, ein Sternchen dazu machen, weil es geht ja jetzt nicht irgendwie
00:14:21: um Zukunftspolitik und tolle Agrarpolitik oder so, was natürlich auch große Themen
00:14:26: in Europa und in Europa wahlen, sondern es geht halt vor allem um so, ich sage mal, die
00:14:31: Probleme, die innerländischen Probleme, die dann so nach außen schwappen und man sucht
00:14:36: halt oder andere Parteien suchen dann so diese Erklärungen und Blaymen und sagen, ja, wenn
00:14:42: das nicht so wäre in Europa, dann hätten wir hier nicht dieses Problem. Und das finde ich
00:14:47: schon beängstigend. Auf der einen Seite, auf der anderen Seite finde ich es aber wie gesagt
00:14:52: überhaupt gut, dass sich so viele Menschen daran beteiligt haben und das so ein Thema
00:14:56: war. Ja, was mir aufgefallen ist jetzt noch mal kurz auf ganz Europa bezogen, bevor ich
00:15:02: gerne mit dir über diese deutschen Aspekte reden möchte, die ja auch in der Diskussion
00:15:05: die größten waren. Tatsächlich haben von den größeren Parteien, das sind EVP, also
00:15:14: konservative und rechte und rechtsextreme Parteien und Zusammenschlüsse, das sind immer
00:15:19: immer Zusammenschlüsse, da haben alle linken und liberalen Parteien Sitze verloren und
00:15:27: die konservativen, die rechtspopulistischen und die rechtsextremen Parteien haben Sitze
00:15:32: gewonnen und zwar alle. Also das wirklich kann man durch die Bank sehen.
00:15:36: Wie schätzt du das ein, diese Abwanderung? Weil es ist ja schon ein Bit of a Stretch,
00:15:41: würde ich sagen, von ganz links nach ganz rechts abzuwandern. Glaubst du, dass es so ist,
00:15:46: dass viele auch Mitte gewählt haben oder ich sage mal ein bisschen weiter mittig gewählt
00:15:52: haben und von der Mitte ein paar nach rechts abgebrochen sind? Oder ist es wirklich so,
00:15:56: dass Menschen, die sich vorher irgendwie für links entschieden haben, jetzt sagen ja
00:16:02: ne, dann klar, jetzt rechts. Es gibt ja ganz gute Statistiken darüber, was
00:16:07: die Wählerwanderung angeht und diese Wählerwanderung, das ist interessant, sich anzuschauen, was
00:16:12: dahinter steht und dann zu vermuten, was Gründe dafür sind. Von allen Parteien sind Leute
00:16:19: zur AfD gewechselt, wirklich von allen Parteien am wenigsten von den Grünen, aber sogar
00:16:23: auch von dort. Tatsächlich gibt es sowohl von der CDU wie auch von der SPD, wie von
00:16:29: der FDP, prozentual gesehen am meisten übrigens. Allerdings auch von der Linkspartei, einfach
00:16:36: starke Wählerwanderung. Und ich glaube, das hängt damit zusammen, und da müssen wir
00:16:41: auch mal darüber reden über diesen Rechtsruck, wie es der motiviert und was ist das bei
00:16:45: der Jugend. Ich glaube, es hängt damit zusammen, dass die AfD verstanden wird als der maximale
00:16:52: Arschtritt für alle anderen Parteien und auch für das gegenwärtige politische System.
00:16:59: Das bedeutet, wenn du die ganzen Leute, die du im Fernsehen siehst, wie sie da irgendwie
00:17:04: diskutieren, wenn die ganzen Leute, die ständig vorkommen, wenn sie im Tagesschau oder wenn
00:17:08: du irgendwie in sozialen Medien beobachtest oder auf irgendwelchen Zeitungen, wo du auch
00:17:14: immer. Die Leute, die du da siehst, da weißt du, die regen sich ausnahmslos auf, wenn
00:17:20: die AfD viele Prozente bekommt. Und ich glaube, das ist tatsächlich eine Motivation. Nicht
00:17:26: dass da nicht auch massenhaft rechte und rechtsextreme dabei werden. Nicht dass die nicht auch ganz,
00:17:30: das haben sie zu 80 Prozent gesagt, da gab es eine Umfrage, nicht dass die nicht auch
00:17:34: irgendwie egal ist, dass die AfD rechtsextreme ist. Sie sagen ja, ich weiß schon, dass die
00:17:38: rechtsextreme ist, das sagen ja viele Leute, aber das ist mir egal. Das sagen bis zu 80
00:17:42: Prozent der Wählen in der AfD. Also das sind absurde Werte. Und trotzdem sieht man einfach
00:17:48: mal, okay, die Europawahl, da hast du ja richtig gesagt, das ist bei manchen Leuten nicht so
00:17:53: ganz weit oben in der Relevanz, und dann gesagt, ja nicht so richtig spürbare Auswirkungen,
00:17:57: das kriegen wir ja keine neue Bundesregierung, dann zeige ich denen dann mal was. Und es
00:18:02: ist nicht nur Protest, es ist auch Trotz und ich würde sogar sagen Rachewahl. Ich glaube,
00:18:06: wir haben ganz viele Rachewählende, die jetzt zur Europawahl gegangen sind.
00:18:12: Und jetzt ist es ja nicht nur so, dass das in Deutschland so ist, sondern in mittelbar
00:18:18: und unmittelbar angrenzenden Ländern, Österreich, Frankreich, Italien, ist es so, dass die Ergebnisse
00:18:24: fast noch katastrophaler sind. Es ist ja jetzt auch noch im September in Österreich die Nationalratswahl.
00:18:33: Also da kann man ja schon sagen, das war jetzt ein Ausblick, gerade in Österreich, wo die
00:18:38: FPÖ klar gewonnen hat, hin zu dieser großen Wahl im September, die ja dann auch für das
00:18:44: Land was ganz anderes bedeutet. Mein bester Freund lebt in Italien und ist da im Kulturbetrieb
00:18:49: tätig und meinte, als ich ihn mal vor ein paar Monaten gefragt habe, wie sehr man denn
00:18:53: merkt, wie sehr merkt man, dass wenn man in Italien lebt, dass Giorgio Maloni an der
00:18:59: Macht ist und wie sehr ist das Thema im Alltag und er arbeitet im Kulturbetrieb und sagt,
00:19:03: das spürt man. Man spürt, dass sich die Kunst, das sagbare, gerade die kulturellen Bereiche,
00:19:10: die das Land so bereichert haben, verändern, dass da Positionen ausgetauscht werden, dass
00:19:15: Inhalte nicht mehr gezeigt werden. Und wenn wir über eine Europawahl sprechen, dann
00:19:20: ist Europa ja auch für uns Deutsche was extrem Erlebbares, weil man da in Urlaub hingeht,
00:19:27: Familie, Freunde, Bekannte, Verwandte im Ausland hat und vor allem an diesen angrenzenden
00:19:31: Ländern, bei denen es jetzt gerade super dunkel aussieht. Und das ist schon, finde ich, auch
00:19:36: ein Ausblick, wo ich mir denke, wie wird es die nächsten Jahre sein? Weil ja, du hast
00:19:40: gerade schon gesagt, klar, man klammert es so aus und sagt, ja, es ist eine Europawahl,
00:19:45: aber die Leute gehen ja nicht mit einem völlig anderen Mindset, beispielsweise im September
00:19:50: in Österreich wählen. Ja, das ist tatsächlich so. Da kann man sich schon fürchten, was
00:19:56: die Länder um uns herum angeht. Und wir haben ja in Teilen von Europa, ich würde jetzt
00:20:03: sagen mal Ungarn, über eine bestimmte Zeit war auch Polen mit dabei, die jetzt ein bisschen
00:20:06: zurückgekommen sind in die demokratische Riege. Aber hatten wir eine klar rechte bis rechtsextreme
00:20:14: Abkehr von Europa? Orban, das ist ja so ein Stichwort, das bist du auch quasi als Putin
00:20:21: verbündeter in der EU so ein Stachel, regelmäßig erpresst und die EU ist hilflos dagegen oder
00:20:28: das sieht zumindest sehr stark so aus. Was mich interessiert und da bin ich mir auch ein
00:20:33: bisschen, da bin ich mit mir selber nicht schlüssig. Wir haben ein paar Mal darüber geredet,
00:20:38: da würde ich gerne mit dir darüber diskutieren, nämlich auf Deutschland bezogen. Genau die
00:20:44: Leute, die eigentlich Europa erleben, wie du gerade gesagt hast, die merken, wow, ich
00:20:48: kann über die Grenze und muss keinen Pass zeigen. Das ist so eine Freizügigkeit. Dieses
00:20:55: Europa-Gefühl, was viele jugendliche Menschen haben. Und dann sehen wir, dass 16 bis 20-Jährige
00:21:01: 17 Prozent AfD gewählt haben. Und zwar ist das im Vergleich nicht so viel mehr, bei 15,9
00:21:09: Prozent ist 16 bis 17 Prozent nicht so wahnsinnig viel mehr, dass man sagen würde, um Gottes
00:21:16: Willen, dass die gesamte Jugend ist nach rechts gerückt. Allerdings gab es in Teilen der
00:21:21: Jugend eine Steigerung um über 10 Prozentpunkte. Das bedeutet, vorher lag die AfD irgendwie
00:21:27: bei 4, 5, 6, 7 und plötzlich liegt sie bei 16, 17 Prozent. Das ist schon, also rückt die
00:21:34: Jugend jetzt nach rechts oder gleich die sich dem Rest der Bevölkerung an? Was glaubst
00:21:40: du da? Ich habe dazu einen Beitrag von Diana
00:21:43: Kindert gelesen, den ich so klug und differenziert fand, dass ich ihn gern vorlesen würde. Man
00:21:49: muss ein kleines Sternchen dazu machen. Diana Kindert ist in der CDU und ist natürlich
00:21:54: nach so einer Wahl, lassen sich solche Texte von einem CDU-Mitglied ein bisschen leichter
00:21:59: schreiben. Nichts, das trotz finde ich, dass Diana Kindert oft nach Wahlen sehr, sehr
00:22:03: kluge Zusammenfassungen um Gedanken hat, also falls ihr der auf Insta folgen wollt oder
00:22:07: so, ich finde es wirklich differenziert, was sie sich so immer für Gedanken macht. Und
00:22:11: sie hat geschrieben auf Instagram, junge Menschen in diesem Wahlkampf seit der Pandemie,
00:22:18: während des Verlustes aller europäischen Gewissheit von Frieden und Wohlstand stolz
00:22:22: und Optimismus alleine gelassen zu haben, wird ein historischer Fehler gewesen sein,
00:22:27: den heute noch alle unterschätzen. Wenn diese Generation weiter lernt, an den Untergang
00:22:31: zu glauben, dass sie selbst nicht mehr zählt, keine Antworten in Sicht sind, sind alle Bedingungen
00:22:37: für die Zersetzung von Demokratie erfüllt. Das hat sich historisch mehrfach erfüllt.
00:22:42: Die gelingensbedingungen für Rechtsextreme in unserem Land sind einmalig. Bis auf Akken,
00:22:47: Koffer, Memes und Dönerpreisbremsen ulg kommt davon den demokratischen Parteien nichts.
00:22:52: Die Bahn fährt nicht, die Schule fällt auseinander, Unterricht aus dem letzten Jahrhundert, Lehrer
00:22:57: am Limit, keine Sozialarbeiter, keine Therapeuten. In der Stadt werden die WG-Zimmer unbezahlbar.
00:23:02: Auf dem Land trocknet das Angebot aus, Infrastruktur verfällt, keiner investiert. Kein Festival,
00:23:08: kein Jugendzentrum, kein Wochenmarkt. Wer kann, der geht. Das Gesicht des staatsbürgerlichen
00:23:13: schwindet. Gemeinschaften lösen sich auf.
00:23:15: Was so ein bisschen klingt wie ein Drehbuch für so eine dystopische Serie, so der erste
00:23:23: Teil. Man zeigt, wie die Gesellschaft irgendwie zu Ende ging. Und natürlich ist es gerade,
00:23:28: finde ich, auch teilweise überzeichnet. Weil ich würde ihr an dem Punkt widersprechen,
00:23:34: dass davon der Ampel nichts kommt. Ich finde, dass die Ampel gerade für junge Menschen
00:23:39: schon spürbar auch einige Dinge während ihrer kurzen Zeit, die sie jetzt da ist, gemacht
00:23:44: hat. Und vor allem gemacht hat, nachdem Angela Merkel sehr lange nichts gemacht hat
00:23:48: und die CDU sehr lange nichts gemacht hat. Trotzdem glaube ich, ist da ein Punkt drin,
00:23:54: der meine Antwort auf diese Frage des europäischen Spirits bei jungen Menschen ist. Ich glaube,
00:24:00: wenn du plötzlich lernst, dass du dir gar nicht überlegen kannst, ob du in die Stadt
00:24:05: gehst zum Studieren, weil du es dir nicht leisten kannst, wenn du in einem Klassenraum
00:24:09: sitzt, in der, sagen wir mal, sechsten-siebten-Klasse, da kann man schon verstehen, dass man da noch
00:24:13: fünf Jahre sitzen wird und dass es noch fünf Jahre schlechter unterricht, noch fünf Jahre
00:24:17: im Marodes Gebäude sein wird, dann kann ich verstehen, dass, wuh, Interrail und nach
00:24:23: Paris fahren und meine gute Zeit haben, nicht auf Platz eins ist der Vorstellung, die junge
00:24:28: Menschen gerade haben. Und da würde ich die Anerkennung total recht geben. Ich glaube,
00:24:33: dass das elementar ist für einen Zerfall der Gesellschaft, wenn in so einem großen Bereich
00:24:40: junge Menschen ausgeklammert werden und man danach so nach Wahl sagt, hey, aber wieso
00:24:44: habt ihr nicht mehr den europäischen Spirit von 2000? Ja, weil 2000 noch nicht geboren
00:24:48: waren, darum geht es nicht. Es geht darum, dass es für die jetzt spürbar sein muss.
00:24:52: Und ich glaube, nicht mehr auf dem Land lebend, aber eben noch irgendwie Verbindungen zum
00:24:57: Land zu haben, dass man das sieht, dass man sieht, dass vor allem die ländliche Struktur
00:25:03: marode ist und bräuchelig ist und dass man da was tun muss. Und das zieht sich dann auch
00:25:08: in weiten Teilen in die Stadt rein. Und ich glaube, dass das Probleme sind, die nicht richtig
00:25:13: angegangen wurden. Und wenn man dann mal irgendwie fünf Monate lang ein tolles, günstiges Ticket
00:25:18: anbietet, um es dann wieder abzuschaffen, dann ist das nicht der Spirit, wo junge Menschen
00:25:23: jetzt sagen, ach so, jetzt ist Europa plötzlich für mich total spürbar. Was glaubst du denn?
00:25:27: Tatsächlich habe ich mich ertappt bei einem Gedanken und einem Gefühl, vielleicht eine
00:25:33: Mischung aus Gefühlen Gedanken, dass ich dachte, jetzt nach den Diskussionen noch vor der Wahl,
00:25:39: Stichwort TikTok, Stichwort AfD in sozialen Medien, dass ich dachte, ah, nur 17 Prozent
00:25:48: der jungen Menschen haben AfD gewählt. Und das ist natürlich kein schöner Gedanke.
00:25:54: Der kam daher, dass ich die Wut der Jugend so gut nachvollziehen kann in so, so vielen
00:25:59: Bereichen. Das ist auch wirklich eine unfassbare Zumutung, was hier von den Generationen davor.
00:26:05: Allerdings auch muss man fairerweise sagen vom Weltlauf selbst dieser Jugend davor
00:26:10: gesetzt worden ist. Und da kann ich sehr gut verstehen, wenn man so wütend ist. Ich bin
00:26:16: weit davon anfangen zu sagen, deswegen allein wählen wir AfD. Es gibt da auch eine Rechtsoffenheit,
00:26:21: die eine Katastrophe ist, ein entspannten Umgang mit Rassismus, den haben wir auf Sylt gesehen,
00:26:27: der ebenfalls für sich genommen eine Katastrophe ist, dass gerade bei jungen Menschen rechtes
00:26:33: Gedanken gut bis tief in die Mitte hinein verankert zu sein scheint. Und das sind alles sehr, sehr
00:26:37: wichtige Punkte. Aber der Auslöser ist am Ende die Wut darüber, dass so viel nicht funktioniert,
00:26:43: in Verbindung mit so einem Weltuntergangsdenken. Das hat ja Diana Kindert so ein bisschen angedeutet.
00:26:48: Das glaube ich ist tatsächlich auch so. Es ist schwer als junge Person gerade teilzunehmen an
00:26:55: der Gesellschaft, an der Medienlandschaft, in sozialen Medien und zu glauben, wow,
00:26:59: wir haben eine glänzende Zukunft für uns. Ich habe mir stehen alle Chancen offen und zwar mehr
00:27:04: oder weniger egal in welchem Bereich man unterwegs ist und egal wie der Hintergrund ist. Natürlich
00:27:08: gibt es in verschiedenen sozialen Schichten noch ganz unterschiedliche Probleme oder
00:27:12: weniger Probleme. Aber was du angesprochen hast, die Mieten, das ist einfach für die aller,
00:27:19: aller meisten jungen Menschen eine totale Katastrophe. Und es ist eine Katastrophe,
00:27:23: die ist während Merkel entstanden, da hat sich die CDU zero drum gekümmert. Die SPD war da auch
00:27:28: mit dabei und hat zwar mal gesagt, wir machen was haben sie nicht gemacht. Dann kam die Ampel und
00:27:32: hat genau in diesem Bereich gesagt, wir kümmern uns und es ist nichts passiert. Und das ist natürlich
00:27:37: wirklich katastrophal, wenn die den Eindruck haben, im Prinzip ist egal, welche Partei einer Macht ist.
00:27:42: Das Problem von hohen Mieten wird für mich nicht gelöst. Und dann ist mir schon relativ klar,
00:27:49: warum die Leute auch eine Abkehr vom Parteinsystem in Erwägung ziehen. Ich sehe das, warum das so
00:27:56: ist. Ich halte es für eine Katastrophe und ich sehe das. Aber ich kann es nachvollziehen.
00:28:01: Lass uns mal über so ein paar Besonderheiten sprechen, die für mich nicht oder vielleicht
00:28:06: Sinn ergeben, weil ich würde gerne mit dir zusammen darüber diskutieren, ob das wirklich so ist. Also
00:28:10: was mich schon sehr überrascht hat, war beispielsweise in Berlin-Neukölln ist die AfD
00:28:15: relativ stark gewesen. Und da dachte ich mir in so einem Moment, okay, wie geht es zusammen? Also
00:28:25: es ist einfach Berlin-Neukölln hartnenn wahnsinnig hohen Migrationsanteil. Wie kann das sein? Und
00:28:31: auf der anderen Seite kommen dann Poppen dann in meinem Kopf so Nachrichten auf aus den letzten Jahren.
00:28:35: Also es war zum Beispiel Anfang des Jahres so, dass in Berlin-Neukölln kein Müll mehr abgeholt
00:28:41: wurde. Weswegen man bis Februar, ich war im Februar da, die Silvesterraketen auf der Straße hat
00:28:47: rumfahren sehen. Und es sah wirklich aus wie Sau. Und da würde ich halt sagen, die Straße ist ein
00:28:52: Raum, den vor allem Menschen, die nicht so ein großes Zuhause haben, sich teilen, jugendliche,
00:28:58: junge und Kinder sich teilen. Dann gab es die Nachricht, dass der Senat die Reparatur von
00:29:05: Spielplätzen gestrichen hat und dass da jetzt so marode Spielplätze sind, kaputte Rutschen und so.
00:29:10: Das sind natürlich alles Momente, wo ich sagen würde, das ist der Raum, der erfahrbar ist für
00:29:14: junge Menschen. Und glaubst du, dass das Versprechen, das ist sicherlich zum Teil Protest, aber was die
00:29:22: AfD ja schon gut gemacht hat, war diese Catchphrase, wir kümmern uns endlich wieder um euch. Wir und bei
00:29:27: uns steht Deutschland an erster Stelle, wir wollen, dass das Leben hier endlich wieder lebenswert
00:29:32: ist. Ich bezweifle, dass wirklich stark, dass das in irgendeiner Form auch nur in einem Punkt so
00:29:37: funktioniert, wie sich die AfD das vorstellt. Aber das Versprechen ist natürlich erst mal
00:29:40: wahrscheinlich attraktiver für Menschen, die in einem Star-Teil leben, bei dem der Müll nicht mehr
00:29:46: abgeholt wird. Da gibt es auch einen Punkt, über den wir in diesem Podcast auch schon ein paar mal
00:29:51: gesprochen, der von der AfD in rassistischer und extremistischer Weise adressiert wird, der aber von
00:29:58: vielen anderen Parteien nicht oder nur unzureichend besprochen wird. Es gab früher, da muss ich
00:30:03: ein bisschen ausholen, so eine Überzeugung gerade unter Linken, dass dort, wo der Anteil an Menschen
00:30:12: mit Migrationsgeschichte klein ist, da sind die Rechten stark und da, wo er groß ist, da merken
00:30:18: die Leute, das ist alles nicht so schlimm und dann ist da der Anteil der rechten gewählten Parteien
00:30:23: gering. Das mache Leute glauben, dass es immer noch so sein ist, das ist nicht so. Neukölln ist
00:30:28: ein Beispiel, Duisburg ist ein anderes Beispiel, Marx lohnt ein Teil von Duisburg bzw. in Teilen des
00:30:34: Ruhrgebiet völlig offensichtlich, dass dort Menschen sehen, okay, es gibt ungelöste, tiefgreifende,
00:30:41: den Alltag beeinflussende Probleme bei Integration und Migration, die ineinander greifen.
00:30:47: Und wir hören uns, das ist jetzt die Perspektive von den Menschen, ich habe damit verschiedene
00:30:52: Leuten geredet, wir hören uns jetzt seit 20 Jahren an, das kriegen wir ja irgendwie schon hin. Aber ihr
00:30:58: Aber ich will es irgendwie nicht hin. Absoderweise, oder vielleicht aus weiß-deutscher Perspektive,
00:31:04: absoderweise, ist das überhaupt nicht exklusiv für so knalldeutsche Menschen. Ich habe in
00:31:11: Düsseldorf mal einen Job gemacht und bin danach und auf diesem Job einfach mit einem
00:31:17: Taxi zum Bahnhof gefahren und hatte einen Taxifahrer, ich würde sagen Türkei-Stämmig.
00:31:25: In dieser Türkei-Stämmig-Taxifahrer kam so zögerlich, aber doch immer stärker um die Ecke
00:31:34: mit seiner Entscheidung, ich wähle AfD. Ich bin hier seit über 30 Jahren in Deutschland und ich
00:31:40: wähle AfD, weil ich sehe, wie krass es ist, da kommen die ganzen Flüchtlinge und nehmen mir die
00:31:48: Arbeit weg. Es sind so viele Flüchtlinge, wir können die nicht integrieren. Ich war wie so
00:31:54: in einem bizarren Film, dachte ich, dass jemand, der tatsächlich einen sehr deutlich erkennbaren
00:32:00: Akzent hat und die Sätze so formuliert, wie Leute, deren Muttersprache nicht Deutsch ist,
00:32:06: nachvollziehbar, aber eben erkennbar mit Akzent und der kommt dann mit so klassischen
00:32:15: rechten Parolen um die Ecke. Und ich möchte nicht sagen, dass mich überrascht, mit die größte
00:32:20: rechtsextreme Gruppe in Deutschland sind die türkischen rechtsextremen, das ist jahrelang
00:32:24: unter dem Radarlang geflogen von der Linken, von Liberalen, von Konservativen, von einem Prinzip
00:32:28: Allens, deswegen konnten die so groß werden. Aber es ist also nicht für mich überraschend, dass es
00:32:33: auch unter Menschen mit Migrationsgeschichte rechtsextreme gibt, aber dass da so bestimmte
00:32:39: Sprachregelungen oder bestimmte Sachen, die der AfD sagt, plötzlich in Köpfen wiederhelfinden,
00:32:46: von dem er das nicht gedacht hätte, das ist noch ein Grund zur Sorge. Und ich glaube, das hängt
00:32:50: miteinander zusammen. Aber lass uns gerne mal darüber reden, weil ich finde nämlich interessanter
00:32:57: Weise hat er ja einen Punkt, also er hat ja einen Punkt damit, dass er sagt, die Menschen, die herkommen,
00:33:01: das sind ja keine Ärzt*innen, Architekt*innen, sondern die werden am Ende irgendwie Taxifahrer
00:33:06: oder die werden am Ende, die nehmen mir den Job weg und nicht dir oder wem auch immer. Das ist
00:33:10: mein Problem und ich glaube die Lösung ist die falsche, aber das sind natürlich irgendwie so
00:33:15: Problematiken über die finde ich in den Medien sehr wenig gesprochen wird. Ja, also der Punkt ist
00:33:20: natürlich nicht ganz wahr, weil wir einfach einen krassen Fachkräftemangel haben, auch in den
00:33:25: Bereichen, wo man jetzt nicht eine zehnjährige Ausbildung macht. Ich will nicht eine allgemeine
00:33:29: These aufstellen, sondern es geht mir eher wirklich um diesen Taxifahrer. Also die haben gerade,
00:33:33: wenn man sich die Probleme von dem ansieht, die haben gerade einen Riesenproblem mit irgendwie
00:33:37: diesen ganzen Uber und und und Fahrer*innen, die ihnen schon jedes Geschäft kleiner machen. Das
00:33:42: berichten mir alle Taxifahrer*innen, wenn ich frag, wie es gerade so läuft. Und dann wissen die ja,
00:33:48: wie die zu ihrem Job gekommen sind und das ist einfach ein Job, bei dem du nicht eine supergrosse
00:33:52: Ausbildung brauchst, bei dem du die Sprache zum Beispiel nicht vollkommen sprechen musst. Und
00:33:56: das sind alles Momente, wo ich mir denke, das ist, der lebt dieser Mann, der dir das so erzählt hat,
00:34:02: der lebt ja in seiner eigene Welt mit seinen eigenen Problemen und die sind erstmal nicht,
00:34:07: dass er irgendwie grundsätzlich per se ausländerfeindlich ist oder so, sondern der überlegt
00:34:10: sich einfach nur, wie sieht mein Leben die nächsten Jahre aus und was könnte mein Leben bedrohen? Ja,
00:34:16: und da ist natürlich diese vielen fast ausnahmslos falschen Versprechungen oder
00:34:22: menschenfeindliche, also eigentlich gibt es bei rechten Parteien nur falsche und menschenfeindliche
00:34:25: Versprechungen bei der AfD besonders, die sind keine Problemlösung, sondern die sind in ganz
00:34:33: vielen Fällen einfach so ein Ausdruck der Anti-Heitung, der Aggression und der Rache. Also ich
00:34:41: würde gerne mit dir, wie wir den Racher-Aspekt noch mal sprechen, weil ganz offensichtlich der
00:34:44: Taxiwahrer damals das ja auch als eine Art von Rache betrachtet hat. Ihr habt mir hier so viele
00:34:51: von denen zu Konkurrenzen gemacht? Ja, würde ich infrage stellen, ist es Rache oder ist es halt,
00:34:56: wenn sich niemand anderes auf die eigene Lebensrealität einstellt, ist dann das letzte
00:35:02: Scheinversprechen, das vielleicht im Raum steht. Es ist ein Scheinversprechen, darüber sind wir uns
00:35:06: ja beide einig, aber stützt man sich da nicht lieber auf das als was zu wählen? Also ich glaube,
00:35:12: dass andere Parteien schon, das besprechen wir ja hier auch immer wieder im Podcast, Migration,
00:35:17: Integration anders ansprechen müssen. Es kann ja nicht sein, dass für so einen Taxifahrer der
00:35:23: einzige Ausweg ist, die AfD zu wählen vermeintlich. Also natürlich gäbe es noch viele andere, aber ich
00:35:28: finde, ich störe mich ein bisschen dabei, wenn nach solchen Wahlen immer gesagt wird, nur die
00:35:34: dümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber. Ihr seid ja alle verblödet, wenn ihr die AfD wählt.
00:35:39: Nicht, weil ich das nicht glaube, ich glaube, dass es verblödet ist, die AfD zu wählen,
00:35:42: aber ich glaube, dass die Form von Kommunikation in unserer Gesellschaft so nicht mehr funktioniert.
00:35:47: Ich glaube, dass das am Ende den Taxifahrer aus Düsseldorf nicht abholt. Ja, ich bin mir da
00:35:53: unsicher, gerade was die Kommunikation angeht. Auch da habe ich schon häufig mit Leuten diskutiert.
00:35:58: Interessanterweise habe ich ein paar Mal Kolumnen geschrieben, wo ich sehr offensiv mit klaren
00:36:04: und harten und unerbittlichen Worten geschossen habe, sowohl gegen die AfD, wie auch gegen Leute,
00:36:11: die AfD wählen. Ich bin zum Beispiel für mich die Formel gekommen, dass es gar nicht relevant ist,
00:36:17: ob man die Wähler*innen von der AfD als Nazis bezeichnet, denn sie wählen Nazis. Deswegen ist
00:36:24: es für mich gar nicht wichtig. Ich habe das in so einer ein bisschen catchy Formel aufgeschrieben
00:36:28: und gab eine Riesenempörung. Und tatsächlich war da dieser Trotzmoment, zumindest was,
00:36:35: was mir häufig widerspiegelt würde. Und da wäre auch meine Frage an dich, ob du das tatsächlich
00:36:39: glaubst. Da haben Leute gesagt, ich war noch unentschlossen. Jetzt, wo sie die AfD-Wähler so
00:36:44: beschimpft haben, jetzt wähle ich AfD. Das ist also meine Diagnose, meine Zuschreibung, meine harte
00:36:55: Analyse haben die, zumindest haben sie es gesagt, betrachtet als Motivation, was dagegen zu setzen.
00:37:03: Also dieses absichtlich polarisieren, in dem eins auszuwischen. Ich kaufe das nicht ganz.
00:37:08: Also das wollte ich gerade auch sagen. Ich finde solche Kommentare nach einer Kolumne, da würde
00:37:12: ich jetzt eher denken, ja, das sind Leute, die im Feuer schon so gewählt, also diese künstliche
00:37:17: Empörung. Oh, nach ihrem Text jetzt will ich erst recht die AfD. Weiß ich nicht. Ich glaube,
00:37:21: dass das vorher, wenn du wegen so einer Kolumne schon bereit bist, die AfD zu wählen, dann war
00:37:26: schon vorher jetzt nicht so mega viel an Bereitschaft, was anderes zu wählen, würde ich sagen.
00:37:29: Theoretisch würde ich dir da recht geben. Ich möchte aber zumindest, ich bleibe ja auch
00:37:33: bei meiner Haltung. Ich glaube übrigens nicht, dass was Kommunikation angeht. Da muss nicht
00:37:36: das gesamte Land jetzt aus Rücksicht auf die AfD überall die gleiche Kommunikationsstrategie
00:37:42: fahren. Es ist vollkommen klar, dass wir mit den Leuten, die noch irgendwie zurückbohlbar sein
00:37:47: könnten, darüber haben wir auch schon mal gesprochen, dass man mit denen auf unterschiedliche
00:37:51: Arten umgehen kann. Die einen Lagen-Karte-Ausgrenzung, klare hier ist die Linie, die nicht überschritten
00:37:57: werden darf. Wenn ihr die überschreitet, dann seid ihr draußen, ihr möchtet mich nichts
00:38:00: mit euch zu tun haben und die anderen versuchen sie zurückzuholen. Denn man muss ja nicht
00:38:04: in der gesamten Breite der Gesellschaft überall exakt gleich vorgehen. Aber, und das ist vielleicht
00:38:08: ein wichtiger und interessanter Punkt in dieser Hinsicht, es gibt da so politische Forschung
00:38:12: aus den Vereinigten Staaten, nämlich über die Motivation von Leuten, die Trump gewählt
00:38:16: haben beim ersten Mal, 2016/2017. Und da ist wirklich konsistent unter den Ergebnissen,
00:38:28: sowohl was politische Postings in sozialen Medien angeht, wie auch was die Wahlentscheidung
00:38:34: angeht, dass die Entscheidung und die Kommunikation die Gegenseite aufregt. Das bedeutet ganz
00:38:42: viele Trump-Wähler haben beim ersten Mal Trump gewählt, inzwischen hat sich ein bisschen
00:38:45: ausdifferenziert, aber ganz viele Trump-Wähler haben beim ersten Mal Trump gewählt, weil
00:38:48: sie wussten, das regt die Linken auf, die ärgern sich schwarz und ich möchte denen eins auswischen.
00:38:56: Und da würde ich sagen, das kann in Deutschland schon auch so sein. Da würde ich jetzt nicht
00:39:01: sagen, nee, das ist völlig ausgeschlossen, dass es hier so ist.
00:39:05: Ja, und da bin ich halt immerhin nur hergerissen, weil ich auf der einen Seite denke, ich würde
00:39:11: immer eher für nicht bloß stellen, nicht beleidigend gegenüber AfD wieder in sein,
00:39:17: weil ich eben an so jemanden wie den Taxifahrer denke und mir denke, den könnte man glaube,
00:39:21: ich, der ist nicht überzeugt rechts, sondern der wählt rechts, weil er denkt, das ist
00:39:26: der einzige Ausblick für ihn, dem könnte man mit weniger Desinformationen, mehr Information,
00:39:32: mehr auch mehr Angebot tatsächlich, muss ja auch tatsächlich ein besseres Angebot sein,
00:39:38: könnte man den wahrscheinlich relativ easy zurückholen. Auf der anderen Seite gibt es
00:39:43: halt schon auch einen großen Teil der Menschen, die und das hat sie auch jetzt nach der Wahl gezeigt,
00:39:50: es wurde unter AfD-Wähler*innen gefragt, wie sehr sie von dieser Partei überzeugt sind
00:39:55: und die nicht aus Protest gewählt haben, sondern weil sie glauben, dass sie mit dieser Partei
00:39:58: übereinstimmen und die Hälfte der Wählenden hat gesagt, nee, nee, ich finde es schon gut,
00:40:02: was die AfD macht. Und da würde ich halt sagen, ja, das ist halt dann so ein Balanceakt zwischen
00:40:08: wahrscheinlich hast du recht und die Antwort ist, man darf nicht nur die eine oder die andere
00:40:13: Strategie fahren. Ich finde, es ist ein Balanceakt zwischen dumm Köpfe, Outcalls und Kritisieren
00:40:21: und Menschen, die es gilt zurückzuholen, tatsächlich irgendwie wieder zu überzeugen.
00:40:27: Ja, das stimmt wahrscheinlich ziemlich präzise. Es gibt auch hier wieder aus meiner Sicht ein
00:40:35: aber wo ich nicht sicher bin, denn dieses Outcalls, also sozusagen bis hier nun nicht weiter, ihr seid
00:40:43: gerade rassistisch, ihr seid gerade antisemitisch, ihr seid gerade rechtsextrem, das ist nicht
00:40:48: akzeptabel, also wirklich die klare Grenze zu setzen. Da muss man ja gar nicht beleidigend sein,
00:40:52: es kann einfach klar und hart sein, das wird von den meisten Menschen so empfunden, als sei es
00:40:56: beleidigend ist, denn aber eigentlich nur klar und hart. Das findet ja nicht im luftlären Raum statt,
00:41:00: sondern auf einer Bühne in den meisten Fällen, jedenfalls in den Fällen, wo ich das tue,
00:41:04: zum Beispiel in der Kolumne oder in sozialen Medien, da wo ganz viele Leute das tun, dieses
00:41:08: Outcall ist ja mit Out. Und auch da gibt es interessante Untersuchungen, die einem zu
00:41:14: denken geben können, nämlich, dass wenn du in sozialen Medien eine Person Outcalls,
00:41:18: dann ist die Kommunikation mit dieser Person viel weniger relevant als die Wirkung auf das
00:41:24: Publikum, denn jede Kommunikation an jemanden gerichtet hat ja eine Wirkung aufs Publikum.
00:41:29: Und die Wirkung aufs Publikum, die kann sich komplett umkehren, die kann nämlich, wenn du die
00:41:34: Person auskommst und sagt, bis hier nun nicht weiter, kann die plötzlich dazu führen, dass wenn
00:41:38: das mit dem falschen Sound passiert, wenn das ja falsche Situation passiert oder vor dem falschen
00:41:42: Hintergrund, dass dann eine Sympathiewelle entsteht, beim Publikum, das vorher gar nicht
00:41:48: zwingend positiv eingenommen war von dieser anderen Person. Und insofern bin ich mir unsicher auch
00:41:56: an dieser Stelle, ob nicht dieser Publikumseffekt in sozialen Medien mit dazu beitragen kann,
00:42:02: dann am Ende bestimmter Haltung und Parteipräferenzen zu verfestigen sogar.
00:42:06: Ich sehe total dein Argument und ich glaube auch, dass es sicher wichtig ist, was mich jetzt aber
00:42:14: schon überrascht hat, war zum Beispiel der große, auch eine Kuriosität, dass die Voltpartei so in
00:42:23: Anführungszeichen viele Stimmen bekommen hat. Und ich habe mich dann nochmal wirklich nach der Wahl
00:42:28: gefragt, wie sehr war denn jetzt für die Wahl entscheidend Plakatierung, so richtig Old School,
00:42:36: wo ich noch so dachte, lustig, als die Plakate so aufgehangen wurden vom Heimjahr oder wann es
00:42:40: passiert ist vor ein paar Monaten, dachte ich, das ist irgendwie Old School, so aus der alten
00:42:44: Welt, dass man so Papierplakate aufhängt. Ich würde aber sagen, ich habe auch die Voltplakate
00:42:49: gesehen und ich fand die auch also catchy, die waren, das waren einfach Plakate, von denen ich mir
00:42:54: denken würde, da haben die volle Arbeit geleistet und dann ist natürlich die Frage, wie sehr spielen
00:43:01: auch andere Medien wie TikTok, Instagram in der Wahlentscheidung dann tatsächlich eine Rolle,
00:43:06: weil ich, wenn ich mich daran erinnere, wie ich mit 16 gewählt habe, dann war für mich Politik da noch
00:43:11: nicht in meinem Alltag super eingewebt, weil ich nicht jeden Tag die Tageszeitung gelesen habe und
00:43:16: alle Markus Lanz folgen und was weiß ich, was Fernsehsendungen dazu gesehen habe. Tatsächlich fand
00:43:22: ich damals auch die gute alte Plakatwerbung, sicherlich auch bei sozialen Medien noch nicht so
00:43:27: groß waren. Das war mir im Gedächtnis und ich habe danach auch ein bisschen gewählt und man sieht ja
00:43:32: auch häufig von jungen Menschen, so dieses, das zum Beispiel Christian Lindner's Fotokampagne,
00:43:38: diese ganzen schwarz-weiß Bilder, wo er so angestrengt dann über irgendwelchen Akten sitzt,
00:43:42: die kamen bei jungen Menschen extrem gut an, von älteren wurden sie ja eher so ein bisschen
00:43:46: belächelt, weil das so szenisch und so atmosphärisch ist, wo ich aber sagen würde, ja, wie sehr
00:43:51: spielt das denn eine Rolle? Was glaubst du? Ja, der Wollterfolg hat einen vielleicht überraschenden
00:43:56: Grund, über den ich extrem wenig gelesen habe. Ich habe darüber schon mal vor 4, 5 Jahren gelesen,
00:44:01: ich habe das selber überprüft und es stimmt tatsächlich, ich habe jetzt bei dieser Wahl gar
00:44:05: nichts zu übergelesen, obwohl alle so völlig überrascht waren davon. Die Plakate können
00:44:09: ein Grund gewesen sein, aber aus meiner Sicht das wichtigste Wahlhilfsinstrument von Wollt
00:44:17: ist der Walomad. Wollt hat als Partei den Walomad entdeckt als Wahlkampfinstrument,
00:44:24: denn wenn immer man diesen Walomad macht, also da ankreuzt, was man für Präferenzen hat und
00:44:33: nicht völlig menschenfeindliche oder absurde Quatsch ankreuzt, kommt Wollt unter die Top3-Positionen.
00:44:40: Und das wirklich seit Jahren. Ich bin der festen Überzeugung, dass Wollt das Parteiprogramm,
00:44:45: die können ja Antworten im Rahmen des Parteiprogramms auf den Walomad, dass die das genau
00:44:49: so aufgestellt haben, um im Walomad extrem gut stattzufinden. Und ich glaube, das hat langsam,
00:44:54: aber sicher eine sehr deutliche Wirkung. Gleichzeitig muss man dazu sagen,
00:44:59: dass die Hardcore pro-europäisch, sie haben sehr offensiv wie sonst nur die Linkspartei
00:45:04: adressiert, A, dass sie möglichst nicht wollen, dass irgendjemand im Mittelmeer trinkt und
00:45:10: B, das haben sonst eigentlich nur die Grünen gemacht, einen sehr klaren Klimawahlkampf
00:45:14: mitverfolgt. Und am Ende haben sie ja ja 23 Prozent bekommen, sondern irgendwie 2,7.
00:45:19: Ja, bis trotzdem. Also tatsächlich, es gibt ja auch bei der Europawahl noch nicht mal
00:45:23: mehr eine 3 Prozent-Hürde, deswegen kann man mit 0,x Prozent auch schon ein Sitz bekommen,
00:45:27: aber tatsächlich ist diese pro-europäische Stimmung eine Facette und der Walomad ist
00:45:32: eine andere. Also irgendwie, ich musste auch schmunzeln, weil ich dann doch am Sonntag
00:45:37: viele Menschen gesehen habe, die auch nochmal in ihrer Story geteilt haben, hey, wir haben
00:45:40: gerade nochmal Walomad gemacht, wo ich mir dachte, ach, lustig, das ist für viele Menschen
00:45:43: wirklich ein Instrument. Und dann habe ich mich daran erinnert, dass das für mich auch
00:45:47: war, als ich jung war, als ich, als das kam, bei mir gerade so auf der Walomad. Ich weiß
00:45:52: nicht, ich glaube, als ich 18 wurde, gab es den schon. Und ich weiß, dass ich das damals
00:45:56: auch gemacht habe. Heute kommt es mir absurd vor, den zu machen. Wobei, ich glaube, dass
00:46:01: es wahrscheinlich, wenn man sich jetzt einfach nur ansieht, was in meiner Interessen die
00:46:05: nächsten Jahre ist, sich für alle Menschen lohnt, den zu machen, weil es dann oft so
00:46:08: Special-Fragen gibt, wo ich auch sagen würde, ich würde mich als politisch sehr interessierte
00:46:13: Personen zählen. Trotzdem weiß ich in so Special-Sonderfragen überhaupt nicht bezogen
00:46:18: auf jetzt Europawahl beispielsweise, wie sind da die einzelnen Parteiprogramme. Und ich
00:46:23: glaube, aus dem Grund ist das wirklich ein großes Ding. Aber lass uns gerne mal über
00:46:27: diese Medien im entferntesten Sinne reden, die dazu führen, dass am Ende tatsächlich
00:46:31: eine Stimme abgegeben wird. Weil das ist für mich schon noch, wir sind inzwischen an
00:46:36: dem Punkt, wo das die Parteien so langsam verstanden haben. Ich finde aber...
00:46:41: Hast du den Eindruck, dass Sie es haben?
00:46:43: Ja, also ich glaube, dass Sie sich über die Tragweite bewusst sind. Sie sind in der Umsetzung
00:46:48: noch extremst unbeholfen. Also wenn Olaf Scholz dachte, dass da sein komisches Akkenkoffervideo
00:46:55: auf TikTok, dass das irgendwie jetzt Menschen davon überzeugt, ihn zu wählen. Also wir sind
00:47:02: ja gerade an dem ersten Schritt, dass manche Politiker*innen beispielsweise Olaf Scholz
00:47:06: sich dazu entschieden haben, da überhaupt stattzufinden, aber zwischen stattfinden
00:47:11: und Inhalte so transportieren, dass man die Stimme am Ende bekommt. Da liegt ein Weg,
00:47:16: der aus meiner Sicht ganz krass unterschätzt wird. Trotzdem geht es mir so, dass ich das
00:47:22: als Reaktion jetzt auf die Wahlen zu sagen, es herrscht so viel Desinformation, lass
00:47:27: uns doch TikTok verbieten. Das ist für mich nicht der Weg und die Schlussfolgerung, die
00:47:31: man ziehen sollte und die vielleicht auch große Politiker*innen ziehen sollten, die
00:47:35: aufs TikTok noch nicht richtig stattfinden. Weil ich wirklich fest daran glaube, dass
00:47:39: es gute, politische, coole Inhalte geben kann, die junge Menschen tatsächlich sogar nicht
00:47:46: nur bei dieser Wahl, sondern für ihr ganzes Leben überzeugen könnten, das zu wählen.
00:47:50: Also ich bin genau dieser Meinung. Es stimmt absolut. TikTok ist schon vor der Wahl, wurde
00:47:57: es quasi inszeniert, durchaus auch von Parteien. Nach der Wahl ist es nochmal deutlich geworden,
00:48:02: der Sündenbock. Die Jugend wählt rechts wegen TikTok. Wahnsinnig angenehme Erklärung
00:48:07: für alle Beteiligten, weil dann ist irgendwie am Ende des Böse China Schuld und die doven
00:48:11: Jugendlichen, die auf irgendwelche Desinformationen reinfallen. TikTok ist viel komplexer. TikTok
00:48:16: ist viel umfangreicher in seinem Wirkungsspektrum als nur so eine Fake News-Schleuder. TikTok
00:48:24: ist eigentlich das Defining-Medium, die Plattform einer ganzen Generation, nämlich mehr oder
00:48:28: weniger aller Menschen unter 25 im Moment. Und jetzt ist es einfach zu verbieten, das
00:48:34: ist noch ein Zacken bescheuerter als zu sagen, wir müssen Killerspiele verbieten, weil
00:48:40: irgendetwas passiert ist. Das ist wirklich so traurig.
00:48:44: Was mich so schade finde, ist, dass es von vielen Leuten so gefordert wurde, von denen
00:48:47: ich sagen würde, ihr nehmt ja das Narrativ von alten Politiker*innen, die denken, dass
00:48:53: das ein unbespielbarer Raum ist, total an, in dem ihr TikTok so behandelt, als wäre es
00:48:58: die große graue Eminenz, die man gar nicht besiegen könnte. Dabei würde ich sagen,
00:49:04: wieso sehen wir es nicht endlich auch, als die kreative Spielwiese an das Kreativfeld
00:49:10: das bespielt werden kann. Und ich verstehe total, dass man ernsthaft über ein TikTok-Verbot
00:49:14: nachdenken muss, wenn, ich sag mal, demokratische Inhalte konsumierbar auf dieser Seite sind
00:49:21: und trotzdem rechts mit Desinformationen, Misinformationen weiter vorne ist. Ich glaube
00:49:28: das aber nicht. Ich glaube, dass, und ich sehe, um ehrlich zu sein, kein ernsthaften
00:49:31: Versuch von den großen Parteien das konsumierbar zu machen. Und es reicht halt nicht auf Memes
00:49:37: zu gehen, so das ist nicht das Ding.
00:49:39: Und gleichzeitig dieses ganze TikTok-Gelaber, das ist wirklich aus meiner Sicht Gelaber
00:49:42: inzwischen, das findet nicht in der Größenordnung statt, wie es jetzt beschworen wird. Natürlich
00:49:50: ist rechte Kommunikation auf TikTok groß, aber zum einen nicht nur von der AfD und
00:49:54: zum zweiten deutet sich das auch in vielen anderen Medien schon lange an, dass wir bei
00:49:59: der Jugend ein zunehmendes Unverständnis dafür haben, das war in der Kommunikation, da geht
00:50:04: Olaf Scholz auf TikTok, irgendwie so ein bisschen getan wird, als könnte man ja irgendwie
00:50:09: mit Jugendlichen auf TikTok lustig kommunizieren, den man irgendwelchen bescheuerten Akzentaschenvideos
00:50:12: macht, dass aber die Politik null auf Jugendliche zugeschnitten ist. Wir reden gerade von dem
00:50:18: Rentenpaket 2, wo ein Großteil der Jugend, die sich damit beschäftigt, sagt, ey, das
00:50:23: ist auf unsere Kosten und zwar auf eine Art und Weise ihr macht hier ein Rentnergeschenk.
00:50:28: Und egal wie man dazu steht, muss man doch zumindest die Jugend ernst nehmen und sagen,
00:50:33: okay, wir müssen uns auch mit der Politik an euch richten.
00:50:36: Ich würde sogar fast sagen, wenn die Inhalte gut sind, gut konsumierbar sind, dann müsstest
00:50:41: du die noch nicht mal auf Jugendliche machen. Natürlich, das wäre noch wünschenswerter,
00:50:45: wenn man die Jugendlichen tatsächlich abholt, aber ich verstehe nicht ganz, warum und das
00:50:49: ist ja teilweise nach Deutschland geschwappt von Amerika, dass man gesagt hat, man sieht
00:50:52: Wahlkampagnen eben als eine Kampagne an, als eine, eigentlich als Spots, als Werbung
00:50:57: und schaltet dementsprechend auch Wahlkampagnen-Leiter dazu. Das ist ja in Deutschland die letzten
00:51:02: Jahre auch schon so, dass oft auch aus Amerika da Menschen jetzt kommen, die das übernehmen.
00:51:06: Ich verstehe aber noch nicht, warum teilweise bei den Social Media Abteilungen der großen
00:51:11: Parteien Leute sitzen und man tut so, als wäre das, ja gut, wir sind halt nicht kreativ,
00:51:16: das können wir halt nicht. Ja gut, dann kauft es euch ein. Ihr seid ja auch in Wahlkampagnen
00:51:20: nicht kreativ und kauft euch die besten Leute ein. Eigentlich finde ich, sollten aus meiner
00:51:24: Sicht richtig gut bezahlte Jobs bei den politischen Parteien, bei den großen, die Social
00:51:30: Media Kanäle bespielt werden mit Menschen, die das wirklich können. Es kann finde ich
00:51:34: nicht sein, dass die Deutsche Bahn und andere große Unternehmen Wagner-Pizza die geilsten
00:51:41: Social Media Manager am Start hat und ich nur da die ganze Zeit lustige, witzige, informative
00:51:47: Mitmachsachen lese. Ich glaube, dass das von den großen Parteien die nächsten Jahre
00:51:51: umgesetzt werden muss. Die müssen die Stellen freiräumen und die richtig bespielen, auch
00:51:55: weil sie völlig unterschätzen, wie viel Potenzial da an Wähler*innenstimmen drin ist
00:52:00: und da würde ich halt sagen, wenn die Jugend mehr abgeholt wird, denn reicht es schon,
00:52:08: glaube ich sogar, vielleicht unterschätze ich da jetzt auch die jungen Menschen, aber
00:52:12: ich glaube, wenn das catchy ist, wenn das gut gemacht ist, dann musst du nicht mal deine
00:52:16: ganze Politik und Rente ist sicherlich das größte Thema, wo ich auch sagen würde, ja,
00:52:19: da gibt es halt leider auch nicht so eine superleichte Lösung, da ist unser ganzes System
00:52:23: erode. Aber ich möchte den ernsthaftem Versuch wenigstens sehen, auf Social Media nicht nur
00:52:28: als Lachnummer stattzufinden. Ich habe gerade das Gefühl, für Karl Lauterbach funktioniert
00:52:33: es, dass man so mit halb zwingend an einem Auge auch sagt, ja, ich weiß, ich setze mich
00:52:38: hier ein bisschen in die Nesseln, aber es ist auch ganz sympathisch, für den Kanzler funktioniert
00:52:41: es nicht.
00:52:42: Ja, und dann ist in meinem Hinterkopf immer, wenn wir über TikTok sprechen, was irgendwie
00:52:47: so superleicht ist, weil ich kann jeder eine Meinung zu haben, egal ob er oder sie schon
00:52:51: mal auf TikTok war oder nicht, man kann irgendwas unterstellen, man kann sagen, das ist der Grund
00:52:54: für X oder Y oder Z und das ist alles ganz schlimm und groß, einfach, weil es bei Jugendlichen
00:52:59: und eben auch fast nur bei Jugendlichen so unfassbar relevant ist. Und dann wieder trete
00:53:04: ich zwei Schritte zurück und nochmal dieser Satz, eigentlich ist es krass, dass nur so
00:53:09: wenig Leute in der Jugend so wütend waren, dass sie rechtsextremen gewählt haben, weil
00:53:13: die Wut, die ist definitiv da und da würde ich sagen, gibt es für den Erfolg von rechten,
00:53:18: rechtsextremen Parteien und auch für die Gefährdung von Europa jetzt aus deutscher Perspektive
00:53:23: zwei große und zwei wirklich katastrophal ineinander greifende Begründungen und das
00:53:32: eine ist ernsthaft Putin's Manipulation und Propaganda, die ganz Europa trifft, die man
00:53:42: viel größer denken muss, sogar der Angriffskrieg auf die Ukraine selbst ist Teil von dem Wunsch,
00:53:47: die EU zu zerstören, damit Russland besser dasteht. Tatsächlich ist diese Inflation ja
00:53:54: hauptsächlich Energiepreis getrieben, was dann wiederum über Wirtschaftskraft, weil
00:54:00: die deutsche Wirtschaft der Energie intensiv ist, auch noch eine Mitwirkung hat in die
00:54:04: Rezession hinein. Also da sind Putin's Machenschaften insgesamt, sind ein wichtiger Aspekt des Nährbodens
00:54:11: für diesen Rechtsruck und den anderen, den dürfen wir eben auch nicht vergessen, das sind
00:54:16: die Nachwirkungen von 16 Jahren Merkel-Stilstand, inklusive der schlechten, sondern für
00:54:24: jugendschlechten Situationen während der Pandemie. Und diese Kombination, 16 Jahre
00:54:30: Merkel-Stilstand, ganz stark vervorzuheben die schwarze Null, diese Sparwut, die gerade
00:54:34: Jugendlichen alles in Grund und Boden gespart hat, keine digitale Infrastruktur, schlechte
00:54:38: Schulen, das Bildungssystem komplett veraltet, die Möglichkeit irgendwo zu wohnen, auch
00:54:45: nicht mehr da, weil Sozialwohnungen von Merkel irgendwie komplett runtergefahren worden
00:54:49: sind, auch aus Spargründen. Es ist ein Rattenschwanz von Dingen, würde ich sagen, 16 Jahre Merkel-Stilstand
00:54:54: und schwarze Null plus Putin, das ist aus meiner Sicht das geheime Erfolgsrezept des
00:55:00: Rechtsrucks und ist es fürchte ich auch etwas, was Europa in der innersten Substanz gefährdet.
00:55:06: Ja, das würde ich auch so sehen. Also nicht nur, dass irgendwie die AfD zweitstärkster
00:55:13: Partei ist und die wirklich ja vor der Europawahl an mehreren Punkten erklären müssten, ob
00:55:17: sie überhaupt an dem Konzept Europa festhalten, was ich sehr, sehr beängstigend finde, dass
00:55:21: wir, darüber wird gerade noch gar nicht gesprochen so richtig, aber ich finde, dass es eigentlich
00:55:26: sind eigentlich viele Gespräche wert, dass wir eine Partei auf Platz zwei haben, die
00:55:30: nicht nur gesichert rechts extrem ist in weiten Teilen, sondern tatsächlich anti-europäisch
00:55:38: in vielen Teilen denkt. Und das ist schon was, wo man ja die Blaubhause Großbritannien
00:55:43: hat und wo man ja ganz klar schon sagen könnte, das hat nicht funktioniert, es funktioniert
00:55:47: auf Dauer nicht für Wohlstand, nicht für Handel, nicht für nichts, dass man aus der
00:55:53: EU rausgeht, aber wir haben ja heute die Sendung auch so genannt, deswegen ist es für mich
00:55:57: schon auch nochmal eine Diskussion wert, sich zu überlegen, wie sehr haben wir da am Ende
00:56:04: nicht nur ein Demokratiegefährdendes Ergebnis, sondern tatsächlich auch ein Ergebnis, das
00:56:11: den Zusammenschluss aus all diesen Ländern, der sich Europa nennt, an sich gefährden?
00:56:16: Ja, das ist eine gute Frage und ich bin grundoptimistisch, ich glaube, dass Europa das schaffen wird,
00:56:24: aber man sieht, wo die Einschläge jetzt schon sind und wo sie noch hinkommen. Neuwahlen
00:56:29: in Frankreich, das kann ganz schnell in eine sehr problematische Richtung gehen. Viele
00:56:34: Leute wissen nicht, Marine Le Pen, die von RN, also früher Frauen National, die rechte
00:56:41: Partei, die wird immer nicht mehr ganz so hart gesehen. Diese Partei gibt es nur wegen
00:56:46: Putin, der hat über den Mittelsmann einen hohen Millionenkredit an die Partei gegeben
00:56:51: vor über 10 Jahren und natürlich ist da plötzlich eine anti-europäische Situation, die mit
00:56:57: da drin ist, wo du denkst, okay krass, jetzt ist dann da Neuwahlen in Italien, jetzt in
00:57:03: Österreich, aber die FPÖ ist auch komplett pro Putin, da ist schon eine Gefahr, dass
00:57:09: Europa das in der Form irgendwie nicht richtig hinbekommt.
00:57:13: Es gibt einen Hoffnungsschimmer in Schweden und Dänemark, es ist ja anders gelaufen,
00:57:16: da sind die Ergebnisse ja tatsächlich beruhigende. Auf der anderen Seite frage ich mich, also
00:57:22: gerade Deutschland und Frankreich sind einfach zentrale Länder in Europa jetzt nicht nur
00:57:26: geografisch, sondern auch was die wirtschaftliche Kraft angeht und da würde ich schon sagen,
00:57:34: muss man sich vielleicht mal nicht mit dem Gedanken auseinandersetzen, dass Europa nicht
00:57:37: mehr gibt, aber wie sieht denn ein Recht aus? Wie sieht denn Europa aus, dass nicht mehr
00:57:44: so die Menschen auf den Schlauchboten annimmt, die gerade ankommen. Und das sind alles für
00:57:49: mich Gedanken, die wahrscheinlich am Sonntag nach der Wahl zu einem Nervenzusammenbruch
00:57:54: geführt haben und die mir auch jetzt noch Bauchschmerzen bereiten, weil ich mir denke,
00:57:58: das ist ein schleichender Prozess, das ist ja nicht so, dass es von heute auf morgen
00:58:01: plötzlich alles anders ist, sondern wenn in zwei, drei, vier Wochen, Monaten diese Wahl
00:58:09: so ein bisschen abklingt und aus den Köpfen verschwindet, dann werden Entscheidungen getroffen,
00:58:15: die gefährlich sind, die unser Europa, wie wir es gerade kennen, verändern. Und ich
00:58:20: glaube, dass man da ruhig auch Angst haben kann. Ich glaube, dass es falsch ist, die
00:58:28: Augen zu verschließen und zu sagen, ja jetzt kommen alle runter, es ist trotzdem wieder
00:58:32: am Ende noch alles demokratisch entschieden. Das sind ja nicht alle Länder so. Ich glaube,
00:58:35: dass man schon zu frühen Zeitpunkten drüber sprechen muss, wenn eine Gefahr am Horizont
00:58:40: auftaucht und ich empfinde das als eine Gefahr für unsere Gesellschaft, einfach für unsere
00:58:44: freie demokratische Gesellschaft. Hast du zum Schluss als Ausblick irgendein positives
00:58:52: Element, was du siehst? Hast du irgendwie einen Hoffnungsschimmer? Hast du einen Gedanken,
00:58:58: wie was wir jetzt, wir als liberale Demokratie in Deutschland machen könnten, um positiv
00:59:07: für die Zukunft splitten zu können? Also was sich für mich immer mehr rauskristallisiert
00:59:11: war der Gedanke, den ich die letzten Tage ja auch dann so für die Hoffnung, den Optimismus
00:59:17: geschöpft habe. Und zwar, die allermeisten Menschen in unserem Land haben nicht die AfD
00:59:22: gewählt und die allermeisten Menschen haben wieder die CDU oder mal wieder die CDU gewählt.
00:59:28: Und ich glaube, dass es da hilfreich ist, nicht in der Panik zu verfallen und zu sagen,
00:59:33: wir Menschen in der CDU sind ja auch schon auf dem halben Weg rechts zu sein oder so,
00:59:37: sondern wirklich zu gucken, dass die CDU und wenn man sich da das Parteiprogramm durchliest,
00:59:41: dann hilft es auch ein bisschen, finde ich, weil es nochmal ganz klar abgrenzt in den
00:59:45: für mich zum Beispiel wichtigen menschlichen Punkten, warum die CDU nicht zu rechts gezählt
00:59:51: werden darf, sondern eben eine Partei immer noch eine der großen Altparteien der Mitte
00:59:57: ist. Und ich glaube, dass es wichtig ist, sich nochmal klar zu machen, dass es von der
01:00:02: CDU auf jeden Fall in den nächsten Jahren in dieser Richtung eine Politik gibt, die
01:00:07: vielleicht ich persönlich nicht gewählt hätte, die ich aber akzeptieren kann, weil
01:00:11: sie in einem demokratischen Rahmen stattfindet. Und ich glaube, dass es wichtig ist, nochmal
01:00:16: in der Mitte jetzt zusammenzurücken und sich zu überlegen, dass uns alle eigentlich eine
01:00:24: Grundvorstellung von der Gesellschaft eint und jetzt ein paar Menschen da ein Schritt
01:00:29: von weggetreten sind, hoffentlich wieder zurücktreten, aber dass die allermeisten ein festes
01:00:34: Grundverständnis von einer funktionierenden Demokratie haben, mit dem ich übereinstimmen
01:00:38: würde. Wie geht es dir? Das ist ein gute Hoffnungsschirm, den kann ich
01:00:41: eins zu eins so übernehmen, muss dann eben nur Teile des Ostens, Deutschlands und die
01:00:48: kommenden Landtagswahlen dort ausblenden. Aber darüber werden wir an anderer Stelle
01:00:52: sprechen, für Europa ist das, was du gesagt hast, glaube ich, wichtig und richtig um sich
01:00:58: an etwas festhalten zu können. Ja, das waren unsere Gedanken zu Europa, den negativen
01:01:06: und den positiven Ausblicken, ob und wie und was weitergeht nach den Europawahlen und
01:01:10: den Rechtsrücken in den verschiedenen Ländern. Falls euch das gefallen hat, empfehlt es
01:01:15: gerne weiter, empfehlt den Podcast gerne weiter. Das hilft uns sehr, ihn besser machen zu
01:01:21: können. Ihr könnt ihn auch bewerten auf verschiedenen Plattformen oder uns in sozialen Medien dazu
01:01:28: Nachrichten schicken. Wir können leider nicht alles beantworten, aber wir lesen das allermeiste
01:01:32: und wir freuen uns auch über eure Reaktionen. Das war's von unserer Seite. Wir hören uns
01:01:39: wieder nächste Woche Donnerstag. Bis dahin, passt auf euch auf, macht's gut. Tschüss.
01:01:42: Ciao.
01:01:43: Dieser Podcast wird produziert von Podstars by OMR.
01:01:55: But yeah.
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