Das Prinzip Hoffnung nach Sydney
Shownotes
Warum fühlt sich jedes Jahr aufs Neue an, als wäre es „nicht unser Jahr“ gewesen? Ausgehend vom antisemitischen Anschlag in Sydney sprechen Jule und Sascha über Jahresend-Melancholie, Antisemitismus, politische Dauerkrisen und die Rolle von Medien und Emotionen. Eine nachdenkliche Folge über Verletzlichkeit, Hoffnung und die Frage, ob Optimismus gerade in dunklen Zeiten eine bewusste Entscheidung sein kann.
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00:00:01: Hallo Leute, schön, dass ihr einschaltet und frohen Start in die Weihnachtstage.
00:00:06: Wir kommen bei vielen News, was Deutschland bewegt.
00:00:08: Wir sprechen jede Woche über Themen, die uns zu Hause am Abendbrot tisch mit der Familie bewegen.
00:00:12: Und diese Woche soll es um die Frage gehen, wieso kommt einem oft?
00:00:15: seit ein paar Jahren jedes Jahr am Ende vom Jahr so vor, als wäre das nicht unser Jahr gewesen.
00:00:20: Nicht in der Weltpolitik, nicht persönlich.
00:00:22: Wieso steckt man alle Hoffnungen in das nächste Jahr und sagt, es würde nächstes Jahr bestimmt besser?
00:00:26: Nur um dann am Ende des nächsten Jahres wieder festzustellen, dass es nicht das Jahr war.
00:00:30: Wir wollen diesem Gefühl nachgehen, vor allem aber auch wegen den Geschehnissen in Sydney in den letzten Tagen.
00:00:36: Was es passiert?
00:00:37: in Sydney an Bondi Beach ist ein antisemitischer Anschlag verübt worden, mutmaßlich von zwei Islamistenvater und Sohn, die Juden töten wollten und das leider auch geschafft haben.
00:00:50: Sechzehn Todesopfer gibt es bisher.
00:00:53: Die Frage, die damit einhergeht, war nicht nur haben das nicht sehr viele Leute kommen sehen, ist nicht sehr viel genau vor solchen Szenarien gewarnt worden, ist nicht viel zu wenig dagegen.
00:01:03: vorher getan worden.
00:01:05: Alles Fragen, auf die man durchaus mit Ja antworten kann.
00:01:07: Und dann aber wieder die Erinnerung, dass das nicht Zufall war, dass das kurz vor Weihnachten stattfand, kurz vor Weihnachten, Hanukkah das jüdische Fest, was genau ist dieser Hinsicht, deswegen auch besonders attraktiv ist für Menschen, die Juden hassen, als Anschlagsmoment.
00:01:22: Das ist also zum Jahresende ein Anlass für uns gewesen, darüber nachzudenken, nicht nur Wie kann man damit umgehen?
00:01:31: Sondern auch was heißt das für die Hoffnung?
00:01:33: Was heißt das für das Jahr?
00:01:35: Was heißt das eigentlich für die Bewältigung von der zumindest scheinbar immer turbulenter, vielleicht sogar darker, werdende Weltpolitik dort draußen?
00:01:51: Sascha, ich habe mich diese Woche gefragt, nachdem ich eine Insta-Story gelesen habe von einem Bekannten und ich fand, das war so gut zusammengefasst, was man sich wahrscheinlich gerade in den letzten Tagen viel gefragt hat bzw.
00:02:03: mir ging es so, als ich die ersten Nachrichten aus Sydney bekommen habe.
00:02:06: Und zwar ganz liebe Grüße an Anwar, der auf die Geschehnisse ins Sydney geschrieben hat.
00:02:12: Zitat.
00:02:13: Ich bin im Großen und Ganzen eigentlich stoisch optimistisch und versuche immer die Anzeichen zu sehen, dass alles doch noch gar nicht so Schlimmes wie alle sagen.
00:02:22: Aber heute ist einer dieser Tage, an denen mich der Optimismus verlässt.
00:02:25: Die Welt scheint so unversöhnlich, der Hass geht immer weiter und ein friedliches Zusammenleben erscheint endlos weit weg.
00:02:32: Ja, Anwar, das kann man vielleicht dazu sagen, arbeitet bei Kiwi.
00:02:36: bei Kiepenheuer und Witzsch, dem Verlag, wo auch Bücher veröffentlichen.
00:02:41: Und hat deswegen, ich hab ein paar Mal mit ihm gesprochen, auch einen sehr breiten Blick auf die Geschehnisse.
00:02:47: Ich glaube, das ist schon ein Teil, über den wir auch sprechen müssen, weil es ein Startpunkt für diese Empfindung gibt nach meiner Wahrnehmung.
00:02:57: Der Startpunkt für diese Empfindung, dass irgendwie man denkt, oh, das war jetzt aber kein gutes Jahr.
00:03:02: Das kann man erst mal so zusammenfassen.
00:03:04: Das hat, finde ich, vielleicht im Jahr Jahrzehnte, vielleicht im Jahr Jahrzehnte angefangen.
00:03:09: Ich glaube, dass das einerseits mit sozialen Medien zusammenhängt, andererseits aber auch mit bestimmten Verwerferungen irgendwo zwischen Globalisierung und der Art und Weise, wie man über das Weltgeschehen nachdenkt.
00:03:24: Ich finde es interessant, dass du im Jahrzehnte, im Jahrzehnte, im Jahrzehnte sagst, weil ich finde, dass das ein sehr amerikanisches Bild, ein nordamerikanisches Bild auf... wie die Weltgeschehnisse ist.
00:03:32: Man würde ja dann ja sagen, okay, es hat einfach unmittelbar mit so Trump beziehungsweise der Vorbereitung für die Präsidentschaft, der ersten Präsidentschaft von Trump zu tun.
00:03:41: Und ich glaube, also vielleicht für einen superpolitischen Menschen wie dich damals, ich muss jetzt ehrlich sagen, bei mir hat das erst so richtig dieser Effekt mit eigentlich, glaube ich, zwanzig zwanzig Corona eingesetzt.
00:03:53: Dass ich dachte, boah, ich hatte so viele Träume und Hoffnungen und Pläne.
00:03:58: das letzte Silvester und das Jahr war unterm Strich einfach schlimm.
00:04:03: Na ja, vielleicht wird ja das nächste Jahr besser und es wurde dann wieder nicht besser, oder?
00:04:07: Und das ist halt die Frage, über die ich heute mit dir sprechen will, ist es wirklich so?
00:04:12: Weil ... Ich würde das also klar in der Politik, glaube ich, gibt es in den letzten Jahren super viele Gründe, warum man immer wieder sagen konnte, das war politisch ein katastrophales Jahr.
00:04:21: Ich glaube auch nicht, dass das alles nur jetzt so Insta-Memes sind oder TikTok-Memes sind.
00:04:26: Wir alle kennen diese Memes, dass Leute immer so Ende des Jahres sagen, wie ich mir vorgestellt habe, ins nächste Jahr zu sliden und dann sieht man, wie eine Person hinfällt.
00:04:33: Es gibt ja Tausende Memes zu diesem Thema.
00:04:35: Aber der Grundtrend ist zu sagen, schwach angefangen, stark nachgelassen, so über die Jahre.
00:04:41: Ja,
00:04:41: ich hab' aus dem Jahr, ich hab' aus dem Jahr, ich hab' aus dem Jahr, ich hab' aus dem Jahr, ich hab' aus dem Jahr, ich hab' aus dem Jahr, ich hab' aus dem Jahr, ich hab' aus dem Jahr, ich hab' aus dem Jahr, ich hab' aus dem Jahr, ich hab' aus dem Jahr, Wie die Briten sind dann nicht mehr in der EU irgendwann.
00:04:58: Aber würdest du sagen, dieses Ereignis, das ist genauso wie Trump, aber auch Brexit, ist ja sehr abstraktpolitisch.
00:05:05: Da würde ich nämlich noch nicht sagen, dass es jetzt, wenn wir wirklich über Deutschland reden, da hat es noch nicht angefangen.
00:05:10: Ich würde sagen, es ist Corona gewesen.
00:05:12: Weil alles andere, da sind wir sicherlich politisch sensibilisiert.
00:05:15: Natürlich hat man gemerkt, dass das mit Trump für Amerika nicht gut sein kann und auch mittlerweile für uns nicht gut sein kann.
00:05:20: Aber ich hätte jetzt noch nicht gesagt, dass das deswegen für mich ein schlechtes Jahr war.
00:05:24: Ich
00:05:24: verstehe, aber ich glaube, da würde ich gerne intensiver mit dir drüber sprechen.
00:05:30: Ich glaube, dass der Schlüssel in der Wahrnehmung liegt, auch vielleicht in der Differenz, weil nach... Nach dem, was ich so gespürt und gefühlt habe, war ja auch das Hochjahr der Syrien-Krise.
00:05:45: Beziehungsweise das, was man so Migrationskrise genannt hat in Deutschland.
00:05:49: Das war das Wichtigste Jahr.
00:05:53: Und ich glaube, dass mit einer gewissen Verzögerung bestimmte weltpolitische oder politische Geschehnisse plötzlich in den Alltag eingewirkt haben.
00:06:05: Ich glaube, dass das ein bisschen komplizierter ist.
00:06:08: Aber es mag damit zu tun haben, dass man vorher mit einer vergleichsweise großen Offenheit umgegangen ist und plötzlich gab es eine Situation, wie es waren viele Flüchtlinge da, die AfD ist von vier Prozent auf plötzlich acht, neun, zehn, zwölf, zwanzig Prozent in manchen Bereichen gestiegen.
00:06:30: Es gab immer wieder Situationen, wo man gemerkt hat, ah, das war es dort draußen in der Welt geschieht.
00:06:35: Das hat Auswirkungen auf uns hier in Deutschland.
00:06:38: Ich hab gleichzeitig einen Rückzug ins private wahrgenommen, so eine Abkoppelung.
00:06:42: Und vielleicht hat das damit zu tun.
00:06:45: Ist denn deine Empfindung, das war nicht mein Jahr, wie viel Anteil ist denn da persönliche Vorkommnisse?
00:06:52: Und wie viel Anteil ist da so das Gefühl, was Weltgeschehen oder Politik oder Hilflosigkeit angeht?
00:06:58: Ich habe mich diese Woche gefragt, weil ich ein Gespräch von Felix Blobrecht und Matze Hildcher gehört habe.
00:07:04: Das ist irgendwie dreieinhalb Stunden oder so, aber es lohnt sich wirklich.
00:07:07: Ich finde, diese beiden haben einen Vibe.
00:07:09: Ich freue mich jedes Mal, wenn die zusammensprechen, was sie ja regelmäßig machen.
00:07:12: Und das war so eine kleine Beobachtung von Felix, so am Rande, die ich aber sehr interessant fand.
00:07:17: Weil Matze ihn so gefragt hat in diesem Gespräch, planst du jetzt wegzugehen, wenn du so lange frei hast jetzt im Winter, wo gehst du dann hin?
00:07:23: Es ist kein normaler Mensch, der in Berlin lebt und sich es leisten kann, bleibt er im Winter in Berlin.
00:07:28: Felix war so, ganz ehrlich, ich bin hier aufgewachsen.
00:07:31: Ich habe sehr viele Winter hier verbracht.
00:07:34: Ich bin auch ein bisschen genervt davon, dass meistens zugezogen ist, dass es hier im Winter so schlecht auszuhalten ist.
00:07:38: Dann bleibt halt nicht hier, wenn es euch stresst.
00:07:40: Und dann dachte ich mir so, das ist interessant, weil seit Felix das gesagt hat.
00:07:44: Also, ich muss sagen, wir haben gerade gutes Wetter in Berlin.
00:07:48: Tagend Sonnenschein, aber mir fällt halt plötzlich auf, wie sehr diese ganzen Memes im Internet und über Berlin gibt es wirklich so relativ viele Seiten, die so seit eigentlich Oktober so was sagen, wie wir werden wieder Zero Visibility haben bis, was weiß ich, März, kein Sonnen, kein Sonnenstrahl, wir werden alle irgendwie in der Grauen Suppe leben und darin enden und der ganze Optimismus wird weg sein, bla, bla, bla.
00:08:12: Und ich habe gemerkt, dass diese Memes was mit mir gemacht haben, ohne dass ich das wollte.
00:08:16: dass ich nämlich im Kopf eigentlich dachte, dass es nicht auszuhalten hier.
00:08:19: Und es dachte ich, die ersten Jahre, als ich hierhergekommen bin, gar nicht.
00:08:22: Und seit ich das jetzt von Filx gehört habe und so durch Berlinlauf und Merck, ey, die Häuser sind, das ist so schön, wie die angestrahlt werden von der Sonne und wie luftig und kühl und majestätisch manchmal diese Stadt jetzt aussieht, wenn der kalte Wind und dieses helle Licht da so durch diese Korridore pfeift.
00:08:39: Und es ist eigentlich, es hat eine Ästhetik und dies ultra schön.
00:08:43: Sie ist halt nur nicht irgendwie im Sommer mit bei dreißig Grad am Maiberrufer sitzen.
00:08:47: Ja, klar, das ist es nicht, weil es gerade Winter ist.
00:08:49: Und ich habe plötzlich so gemerkt, ach, interessant, kann man diese Erkenntnis, dass wir vielleicht auch echt gut darin sind, uns immer über alles zu beschweren, kann man es auch auf jetzt diesen Jahresrückblick übertragen.
00:09:01: Weil die Frage natürlich schon ist, ich ... fühle das, was Anbar da sagt.
00:09:05: Ich habe auch diese Hoffnungslosigkeit die letzten Tage gefühlt.
00:09:08: Und als ich dann aber mit diesem Felix Gedanken nochmal an das Thema rangegangen bin, habe ich mich gefragt, also wir werden gleich noch über Sydney sprechen.
00:09:17: Das ist unfassbar schlimm, was da passiert ist.
00:09:19: Und ich finde, man hat allen Grund, deswegen auch irgendwie keine Hoffnung zu haben im Moment.
00:09:24: Trotzdem ist mir so eingefallen, dass ich die letzten Jahre dieses Gefühl gerade um Weihnachten rum immer wieder hatte, weil es eben so eine emotional verletzliche Zeit ist.
00:09:32: Und ich weiß nicht, erinnert euch vielleicht noch an Breitscheidplatz.
00:09:35: Das dachte ich damals auch.
00:09:37: Ja, vielleicht war es auch wirklich diese Häufung.
00:09:42: Wir haben im Ende November die Anschläge in Paris gehabt mit hundertdreißig Toten islamistischer Anschläge.
00:09:50: Das war ja auch die Hochzeit des islamischen Staats.
00:09:54: Wir haben danach immer wieder Anschläge gehabt.
00:09:56: Dann Wester Nacht in Köln.
00:09:57: Genau,
00:09:57: dann in der Breitscheidplatz.
00:10:00: Immer wieder gab es Situationen, die, weil sie Terror waren, Terror bedeutet haben, auch genau mit dieser Wirkung beabsichtigt waren.
00:10:10: Und es ist ja, wie schon gesagt mit Hanukkah und Weihnachten, zwei sehr symbolische Feste, die auch absichtlich attackiert worden sind durch islamistische Attentäter.
00:10:24: Ich glaube, das kann zumindest so einen bestimmten Teil als absichtsvolle Wirkung verstanden werden.
00:10:31: Dass man in so einer Zeit, Weihnachtsmarkt, den Begriff Weihnachtsmarkt kann man im Moment, wahrscheinlich auf längere Zeit in Deutschland, nicht mehr sagen, ohne dass es nicht in den Gedankenkette im Kopf losgeht bei Menschen.
00:10:42: Ja,
00:10:44: das ist ja Magdeburg, haben wir auch hier eine Podcastfolge zugemacht.
00:10:47: Das sind alles Situationen, wo ich sagen würde, da kann es sein, dass ... Terroristische Taten, die ja, das ist der Inbegriff von Terror, eine Wirkung auf die Psyche der Menschen haben sollen.
00:10:59: Dass genau das einen wesentlichen Teil von dieser Dunkelheit ausmacht, die vielleicht viele spüren.
00:11:05: Und da würde ich aber gerne noch mal reingehen.
00:11:07: Nicht, weil ich nicht anerkennen möchte, dass das alles schlimm war, was da passiert ist.
00:11:11: Also, mir geht es nicht darum, das jetzt zu realitivieren, sondern mir geht es eher darum, einmal zu überlegen.
00:11:16: Hat es nicht so einen, ich sag mal, Triple Warper Effekt, weil zum einen ... Weihnachten ist die Zeit, wo wir alle, das weiß man, es ist auch einfach messbar.
00:11:24: Die Menschen spenden da am meisten.
00:11:25: Man hat diesen Softsport für andere Menschen denken, sich selbst hinterfragen.
00:11:31: Dann kommt diese Melancholie dazu, dass natürlich Weihnachten auch immer so einer der Momente ist.
00:11:36: Ich habe das letzte Woche gemerkt, als ich mit den Kids irgendwie dann im ... Rolf Zuckowski, Musical war und halt diese Lieder gehört habe, die ich halt die letzten dreißig Jahre gehört habe.
00:11:45: Mega anfangen musste zu weinen, weil man sich halt relativ gut dann an Weihnachten vor zehn Jahren oder an Weihnachten in seiner Kindheit erinnert.
00:11:51: An Weihnachten, wo die Oma das letzte Mal dabei war, bla bla bla.
00:11:54: Also diese ganzen Momente können ja an jedem anderen Tag auch greifbar sein.
00:11:58: Sind es aber nicht, weil man halt an Weihnachten weiß, was man damals gemacht hat und sich vielleicht auch so ein bisschen melancholisch da mit Kindern fragt.
00:12:05: Wie viele Weihnachten werden wir noch mit denen haben?
00:12:07: Wie wird Weihnachten in zwanzig Jahren aussehen?
00:12:10: Wenn ich alt bin, werden meine Kinder mit mir Weihnachten feiern.
00:12:12: Was bin ich für ein Mensch?
00:12:13: Blablabla.
00:12:14: Also so diese ganzen Gedanken.
00:12:16: Das kommt sicherlich dazu.
00:12:17: Ich würde auch sagen, dass ein biologischer Aspekt dazu kommt, den kann man auch messen.
00:12:21: Die Depressionsrate, die Selbstmortenraten, die gehen im Winter einfach hoch, weil Vitamin D-Mangel, weil Lichtmangel, weil das einfach Zeiten sind, die hyperemotional sind, wo Menschen sich auch oft einfach alleine fühlen.
00:12:34: Wieso sollte sich das im Kleinen nicht auch auf die Bevölkerung auswirken und auf wie gehen wir mit Nachrichten um?
00:12:40: Weil wenn wir ehrlich sind, Ukraine und Sudan.
00:12:44: und es gibt ganz viele Momente, wo ich sagen würde, die haben jetzt nicht erst kurz vor Weihnachten angefangen.
00:12:48: Man hätte allen Grund auch gehabt, im Sommer deswegen super depressiv zu sein und so einen Weltschmerz zu spüren.
00:12:55: Man spürt ihn aber nicht im Sommer, man spürt ihn eben jetzt.
00:12:58: Und ich glaube, dass das ein Punkt ist, den man zumindest irgendwie mit einberechnen kann, wenn es um Amiguritätstoleranz geht, dass man eben zumindest wahrnimmt, dass wir gerade auch anfällig für solche Gedanken sind und für so eine Melancholie sind.
00:13:13: Ja, wenn man es reverse engeniert, dann baut es ja genau darauf auf.
00:13:17: Wenn man also sagt, mit Hanukkah und Weihnachten sind zwei sehr wesentliche Feste, die mit Lichtern zu tun haben, an einem ungefähr Zeitpunkt im Jahr, der der dunkelste ist, dann ... heißt es automatisch, man versucht zu einer dunklen Jahreszeit Hoffnung dorthin zu bringen, wo sie notwendig ist.
00:13:35: Aber wenn sie notwendig ist, heißt es automatisch, man hat so eine Verletzlichkeit.
00:13:40: Vielleicht ist genau das am Ende ein wichtiger Punkt, weil diese Verletzlichkeit nicht nur ganz offensichtlich Terrorismus anzieht, sondern weil diese Verletzlichkeit natürlich auch bedeutet, dass man anfängt zu schauen, wie geht es mir eigentlich?
00:13:56: Man sagt ja Besinnung.
00:13:57: Zum Jahresende.
00:13:58: Und immer, wenn man Besinnung sagt, meint man eigentlich auch Vergleich, dann meint man eigentlich auch Introspektive, dann meint man eigentlich auch, man schaut sich mal eigentlich an, was zur Bestandsaufnahme gerade los ist.
00:14:11: Ich glaube, was ich schon gerne dazu sagen würde, ist, nur weil vielleicht ein Teil von dem ganzen Empfinden beeinflusst sein kann durch diese emotionale Jahreszeit, heißt es ja nicht, dass es trotzdem ein gefühltes Moment ist.
00:14:25: Und da bin ich wieder sehr bei Anwar.
00:14:27: Das habe ich schon auch, dass ich gerade denke, na ja, okay, dann ist Weihnachten von mir aus ein Brennglas für ein Gefühl.
00:14:32: Aber das Gefühl ist ja deswegen nicht falsch.
00:14:34: Dieses Gefühl wie unversöhnlich.
00:14:37: Also, wann ist der Moment?
00:14:39: Wird es irgendwann das Gefühl für Jüdinnen und Juden geben, sicher leben zu können?
00:14:44: Wird dieses Gefühl irgendwann eintreten?
00:14:47: Weil, was wir die letzten Jahre erleben, ist, dass Jüdinnen und Juden überall auf der Welt genau vor solchen Ereignissen wie Sydney und Bondi Beach waren.
00:14:54: Dann passiert es, Menschen sterben, Kinder sterben, Menschen, denen wir alle nicht genug zugehört haben.
00:15:02: Und was danach passiert, ist das, und das passiert ja jetzt schon, und das ist Normalität geworden, Synagogen werden von der Polizei bewacht, Kinder werden aus der jüdischen Schule mit der Polizei rausesquartiert, Jüdinnen und Juden erzählen, dass sie ihre Ketten und ihre Kippers und alles, was sie irgendwie verraten könnte, verstecken, bis es wieder passiert.
00:15:21: Und bis wieder Menschen sterben, denen wir alle nicht zugehört haben.
00:15:24: Und das ist ein Teufelskreis, den ich gerade kaum ertragen kann.
00:15:28: Und das ist für mich schon auch dieser Punkt, den Anwar total gut getroffen hat.
00:15:32: Und zwar dieses ... Endet das irgendwann?
00:15:35: Wo ist der Moment, wo wir das nicht mehr akzeptieren, diese Spirale?
00:15:38: Ich glaube, dass diese beiden Fragen leider weniger miteinander zu tun haben, als man hofft, wir akzeptieren diese Spirale nicht, wenn du jetzt mit wir die westlichen Gesellschaften meinst.
00:15:49: Dann
00:15:49: glaube ich, ist das ein sehr wichtiger Teil, aber am Ende nicht allein ausreichend.
00:15:56: Ich glaube, dass diese Frage, wenn sie sich je sicher fühlen, vorläufig mit Nein beantwortet werden muss, wie eigentlich, wenn man ehrlich ist, auch schon in den letzten zweieinhalb Tausend Jahren.
00:16:08: Der katastrophale Kristallisationspunkt davon ist und da habe ich ein paar Artikel dazu gelesen, auch in Deutschland, auch in feinlichen Staaten, dass dieses Attentat eigentlich nicht nur erwartbar war, sondern als Blaupause dienen wird für weitere Attentate, dass... Ganz viel von dem, was durch den jüngsten Nahostkonflikt aufgebracht worden ist, an Emotionen, an Hass, an Judenhass natürlich, das ganz viel dazu geeignet ist, überall auf der Welt Extremisten zu mördern werden zu lassen.
00:16:46: Sehr viel von der Erzählung, übrigens nicht nur von Islamisten, sondern auch von Teilen der Linken, von Teilen eigentlich.
00:16:54: klassischen, redaktionellen Leitmedien, weil sehr viel dazu geeignet war, diese Radikalisierung voranzutreiben.
00:17:02: Das heißt, eigentlich ist ganz viel von dem Hass auf Juden und Juden in den letzten zwei Jahren, in den letzten zweieinhalb Jahren, aufgeladen worden und wird sich... trauriger katastrophalerweise irgendwann in den nächsten Jahren noch an anderen Stellen entladen.
00:17:21: Und ganz viele Leute, die an diesem Haasoft zum Beispiel was ganz klassisch israelbezogenen Antisemitismus angeht, die daran mitgearbeitet haben, die werden aus meiner Sicht dann die traurigsten und schwarzesten Kacheln auf Instagram posten, wenn erwartbar wieder etwas passiert, was direkt mit einer Stimmung zu tun hat.
00:17:38: Weil, und das ist so meine Quintessenz, das war ja ein Anschlag zu Chanuka, wo Klar war, hier findet eine Gleichsetzung von Judentum und israelischer Politik statt.
00:17:52: oder eine Ostkonfliktstadt, die nicht nur im Innersten antisemitisch ist, sondern die von ganz vielen entspannt ignoriert wird.
00:17:59: Die ständig sagen, Stimmung gegen Israel ist völlig in Ordnung.
00:18:04: Das heißt ja nicht, dass es Stimmung gegen Juden machen ist.
00:18:07: Ich würde total gerne mit dir über diese ... diese Unterscheidung reden, weil ich die letzten Tage auch einen Tag dazu gesehen habe von einer deutschen jüdischen Aktivistin, die meinte, ihr müsst aufhören, Judentum mit Israel gleichzusetzen.
00:18:19: Und ich verstehe, woher der Wunsch kommt, also zu sagen... Hör auf, was gegen Juden zu haben, weil du Israel, du kannst Israel kritisieren.
00:18:28: Deswegen musst du nicht die Existenz von Juden infrage stellen.
00:18:32: Dass das eine nicht das andere ist, okay, das verstehe ich, aber ich habe das gelesen und hatte irgendwie ein Störgefühl, weil ich mir dachte, das eine hat ja aber schon grundlegend mit dem anderen zu tun.
00:18:41: Es gibt diesen Gedanken, den ich so klug finde.
00:18:45: Ich weiß leider nicht mehr von wem der ist, aber es gibt dieses Bild, dass man sagt, wo ist der Unterschied zwischen Antisemitismus und Antizionismus?
00:18:54: Und dann wird dieses Bild aufgemacht, dass man sagt, na ja, es ist ein bisschen so, wie wenn man zu einer Person sagt, ich hab nichts gegen dich, solange du keinen zu Hause hast.
00:19:04: Für mich bist du in Ordnung und ich respektiere dich, solange du homeless bist.
00:19:08: Und das ist halt ein Gedanke, der sich inzwischen in unserer Gesellschaft so gefestigt hat, als man darf das schon sagen.
00:19:16: Man darf schon, also Zionist, Menschen, die ... befinden, dass Israel so, wie er gerade besteht, ein Ort sein kann und sein muss auch in Zukunft weiter, dass das schon eine Haltung ist, die A irgendwie extremistisch ist und B total in Frage gestellt werden kann auf öffentlichen Bühnen.
00:19:34: Und es passiert die ganze Zeit gerade in Deutschland.
00:19:36: Das ist für mich was, was unverständlich ist.
00:19:38: und was finde ich in dieser ganzen These?
00:19:40: Man darf das eine nicht mit dem anderen gleichsetzen.
00:19:42: Das funktioniert für mich nicht, weil ich schon sagen würde, man ist doch gezwungenermaßen, wenn man sagt, jüdisches leben.
00:19:50: ich bin für den fortbestand jüdischen leben ich bin eben nicht antisemitisch ich bin genau das gegenteil davon.
00:19:55: wie kann man dann aber sagen ja aber ich bin anti zionistisch ja das also.
00:20:00: ganz kurz noch ein satz dazu weil es steht ja gerade nicht.
00:20:03: also wir sind ja nicht irgendwie zweieinhalb minuten davor dass irgendein anderer ort geschaffen wird.
00:20:08: ich finde dass es so eine ultrafreche Theorie für die Realität, in der wir uns gerade befinden, in der diese Menschen keinen anderen Ort haben.
00:20:17: Es ist der einzige Ort, wo sie hingehen können, zurückkehren können, sein können, ihre Kinder großziehen können.
00:20:23: Das andere ist alles Duldung an anderen Orten.
00:20:26: Ja, und auch Gefährdung in einer Gesellschaft, die im Zweifel weder in Deutschland noch offenkundig in Australien ausreichend viel Schutz bieten kann.
00:20:34: Nach meiner Wahrnehmung bezeichnen sich Leute als Antizionisten ... die sich nicht eingestehen wollen, dass sie was gegen Juden haben.
00:20:41: Das ist meine Wahrnehmung.
00:20:44: Und die zeigt sich halt überall dort, wo ich eine Form von Relativierung sehe, die ... Angriffe auf Jüdinnen und Juden, plötzlich irgendwie versucht, ein bisschen und sei es nur graduell verständlicher zu machen, nachvollziehbar zu machen, mit Erklärungen zu versehen.
00:21:01: Sogar das ganz Klassische, das findet nicht im luftleeren Raum statt.
00:21:04: Ja, nichts findet im luftleeren Raum statt.
00:21:06: Und das sind alles Methoden.
00:21:09: um am Ende so ganz fein abzuschichten.
00:21:12: Aber irgendwie ein bisschen sind die ja schon auch selber schuld.
00:21:14: Naja, und es setzt ja so ein bisschen gleich mit.
00:21:17: Ich darf doch wohl Israel kritisieren zu.
00:21:19: Ich finde, der Staat Israel hat in der Form, wie er gerade besteht, keine Existenzberechtigung.
00:21:23: Und das sind für mich halt ... Also, da wird für mich eine Grundlage in Frage gestellt, die man ja gar nicht in Frage stellen muss, wenn man kritisch Netanyahu gegenüber ist oder sogar kritisch Israel.
00:21:33: Ich bin auch Deutschland gegenüber, wie Deutschland gerade geführt wird, teilweise politische Entscheidungen getroffen werden, kritisch gegenüber.
00:21:39: Aber es steht ja gar nicht zur Debatte, ob man deswegen versucht, Deutschland abzuschaffen, sondern man kann doch kritisieren.
00:21:44: Und das ist auch in Ordnung.
00:21:45: Aber das ist, finde ich, auch so denkfaul.
00:21:49: über die Abschaffung von einem Ort zu reden, weil man den kritisieren möchte und sagt, aber das werde ich ja wohl noch sagen dürfen.
00:21:55: Das ist wirklich kurz vor so Wutbürger, wo ich mir denke, das kommt von Menschen.
00:21:59: Das ist das neue Wutbürgertum.
00:22:01: Mir fallen jetzt aus dem Stand Charakter einen Comedians, wirklich große Leute, die in Deutschland in der Öffentlichkeit stehen, die so was, solche wilden Takes rausbringen.
00:22:11: und dafür nicht komplett gecancelt werden.
00:22:14: Und das ist ein Punkt, ich fahre wieder ein bisschen hoch.
00:22:17: Ich fahre mal drei Gänge zurück, Leute.
00:22:19: Aber da ist für mich ein Logikfehler drin, den ich nicht so recht verstehe.
00:22:23: Und ich finde, gerade wenn man sich Sydney jetzt anguckt, da ist bei einem jüdischen Familienfest, und dann passiert das auch noch an Bondi Beach, einfach eine wahrscheinlich top fünf schönste Strände der Welt.
00:22:35: Und wenn man sich das vorstellt, dann ist das, was da am Ende passiert ist, Eine Sache, die man finde ich, und das habe ich in der letzten Woche auch oft gesehen, ganz klar benennen muss, als das, was es ist.
00:22:49: Und zwar Antisemitismus.
00:22:51: Das ist nicht Kritik an Israel oder Antizionismus oder was ich diese Woche auch total viel gelesen habe, so von wegen Leute, das sind keine Islamisten, das sind am Ende Monster.
00:23:01: und so, wo ich mir denke, nee, nee, nee.
00:23:02: Lasst uns schon darüber reden, was für Menschen das waren.
00:23:05: Weil es ist nicht richtig, das hier zu verwässern mit irgendwelchen komischen Theorien, die dieses Problem, das Antisemitismus besteht, dass Juden und Juden überall auf der Welt täglich davor waren, sich täglich in der Gefahr aussetzen müssen, der andere Menschen einfach aufgrund ihrer Nicht-Zugehörigkeit zum Judentum nicht ausgesetzt sind.
00:23:24: Darüber müssen wir sprechen.
00:23:26: Und tatsächlich dieser sehr enge Zusammenhang zwischen Antizionismus und Antisemitismus, den kann man ja ganz einfach dadurch erstellen.
00:23:34: dass jüdische Menschen wegen Israel getötet werden.
00:23:39: Das heißt, auf der terroristischen Seite ist das gleichbedeutend.
00:23:43: Zumindest auf der terroristischen Seite.
00:23:45: Und wenn man dann so tut, als sei es in der Debatte nicht gleichbedeutend und habe das eine gar nichts mit dem anderen zu tun, dann ist das aus meiner Sicht nicht nur fahrlässig, sondern dann ist das eine Abkehr von der Realität.
00:23:57: Dann tut man so als ... Gelbe ist das alles nicht.
00:24:00: In einer perfekten Welt, ja, aber wir leben nicht in einer perfekten Welt.
00:24:02: Wir leben in einer Welt, wo Juden getötet werden, weil Islamisten zumindest behaupten, sie seien gegen Zionismus.
00:24:11: Ich hab direkt nach diesem Attentat eine Empfindung gehabt, über die ich gerne mit dir sprechen würde, weil die nicht nur in diese Zeit reinpasst, sondern weil die eine wiederkehrende Empfindung ist.
00:24:22: Nämlich ... Dass ich, und das kann man fast bis zu Jahrzehnte zurückdenken, aus meiner Sicht, vielleicht ein anderes Jahr, dass ich plötzlich merke, ah, ich muss mich von der Öffentlichkeit abkehren.
00:24:35: Und zwar ganz situativ.
00:24:36: Das heißt, ich ziehe so eine Art Blitzrückzug.
00:24:39: Wesisch nicht, weil ich mir dann denke ... Wenn du jetzt an, wenn es bei anderen Menschen nicht zweitausendfünfzehn, sondern beispielsweise wie bei mir jetzt eher zweitausendzwanzig ist, dann kommt da ja Corona, nicht geimpfte Familienmitglieder oder aus weiß ich Menschen, also Auseinandersetzung in der Familie durch Corona, gab ja auch ganz viele andere Auseinandersetzungen und plötzlich ist dieser Rückzug ins private halt funktioniert nicht.
00:25:00: Und ich finde nämlich diese Triple Quartoubel Belastung ab zwanzig zwanzig, dass wir hier in unserem Land Menschen hatten, die aus der Ukraine kommen oder da Familienmitglieder hatten, wo man ja schon so ein bisschen.
00:25:12: Es hat sich früher abgezeichnet für Menschen, die betroffen waren als jetzt.
00:25:15: Dann kommt dazu Corona, was für viele auch wirtschaftliche Konsequenzen hatte.
00:25:20: Dienstausfälle, unklare, Zukunftsangst, was den Job angeht.
00:25:24: Dann vielleicht Streit oder Auseinandersetzung mit Familienmitgliedern.
00:25:27: Da spielt sicherlich auch, was du gerade gesagt hast, irgendwie AfD und so mit rein.
00:25:31: Das war ja plötzlich ... Also, irgendwas hatte jede Familie, wo man gesagt hat, das ist jetzt komisch, dass Onkel Dieter nicht mehr da ist, aber er hat auch die AfD gewählt, er ist ja auch nicht geimpft.
00:25:41: Er möchte sich ja auch nicht anstecken und hat deswegen niemanden mehr was zu tun.
00:25:44: Er hat seinen Job verloren, hat deswegen eh kein Geld mehr.
00:25:46: So was.
00:25:48: Und da würde ich halt sagen, ich glaube, dass das schon zusammenkam.
00:25:53: Aber wenn man sich jetzt so die Menschheitsgeschichte oder sagen wir mal deutsche Geschichte den letzten hundert Jahren ansieht, dann gab es ja schon offensichtlich So ganz rein objektiv betrachtet viel dunklere Zeiten, wo wirklich Hunger ein Thema war.
00:26:07: Krieg, Zerstörung, Familie mit jeder Tod.
00:26:10: Also schlimmer als Corona.
00:26:13: Aber legt es nicht auch irgendwie an, sondern ich sage jetzt mal psychisch emotionalen Komponente, dass wir inzwischen ein feinfühliger geworden sind, was irgendwie schwierige Zeiten angeht, dass wir gefühliger geworden sind, im besten Sinne.
00:26:30: Ich meine das jetzt nicht als Beleidigung, so von wegen, jetzt habt euch nicht so, sondern ich finde es irgendwie erleichternd auf eine Weise zu sehen, dass so eine traumatische Erfahrung und es war einfach schon, würde ich sagen, Corona war kollektiv für eine Gesellschaft traumatisch.
00:26:43: dass das mit unserer Gesellschaft was gemacht hat.
00:26:45: Ich fand es eher gespenstisch, dass irgendwie die Nachkriegsgeneration Sachen erlebt hat und da nie in dem Leben drüber gesprochen hat.
00:26:50: Und deswegen halt ihr ganzes Leben auch wirklich eigenartig war.
00:26:53: Das ist interessant, weil es in der Diskussion grenzt, an die ich mich direkt jetzt gerade zufällig erinnert habe, in der Frühzeit, als man über Millennials gesprochen hat.
00:27:03: Also Leute, die ungefähr so alt sind wie du.
00:27:06: Da gab es natürlich bei jeder neuen Generation gibt es immer die klassischen Abwertungen.
00:27:10: Aber da gab es eine Figur, die einen besonderen Abwertungs-Drive entwickelt hat.
00:27:17: Das waren so die Emos.
00:27:19: Das waren junge Männer und Frauen, die Emotionalität sehr großgeschrieben haben und deswegen von den Generationen davor herabgewürdigt worden sind.
00:27:33: Weil man davor gesagt hat, jetzt krieg dich mal in den Griff, jetzt reiß dich mal zusammen, jetzt schluck mal deine Gefühle runter, wirst doch nicht so empfindlich sein.
00:27:41: Und auf einmal kamen da Leute, die eine gewisse Empfindsamkeit nicht nur selber hatten, sondern auch zur Schau gestellt haben.
00:27:48: Und ich finde das deswegen interessant, weil man ja auch sagen könnte, egal, ob man jetzt sagt, das hat mit Corona angefangen oder fünf Jahre vorher, da ist ja auch mit Sicherheit viel persönliche Warnöhung dabei und auch persönliche Situation.
00:27:57: Aber wenn irgendwann so dieser Generationenwechsel stattgefunden hat, weil ... Und das wäre vielleicht fast wieder ein positiver Punkt, unabhängig von dem katastrophalen Weltgeschehen, was man ja auch abjektiv sehen kann, weil plötzlich eine Generation erwachsen und gesellschaftsprägend geworden ist.
00:28:12: Die erste Generation war, die gesagt hat, nein.
00:28:15: Wir möchten Gefühlen einen Wert zumessen.
00:28:17: Wir möchten Gefühlen einen Raum einräumen.
00:28:20: Wir möchten halt nicht den in Anführungszeichen Boomerfehler machen.
00:28:24: Und zu allen so sagen, jetzt reicht die mal zusammen so schlimm, wir hatten ja auch nicht geschadet.
00:28:27: Also dieser ganze Talk, der vorher durchaus gesellschaftsbestimmend war.
00:28:31: Wenn man sich in diese Gefühlswelt reingibt, dann gibt es ja schon auch ... was jetzt so Trauma, Psychologie und so angeht, diese These, dass man sagt, es geht gar nicht drum, was tatsächlich passiert ist, sondern wie kam es den Menschen vor?
00:28:47: Wie kommt es dir vor?
00:28:48: Wenn du das Gefühl hast, dass dir was Schlimmes passiert ist, dann ist es in deinem Kopf, in deinem, wie es dir geht, nicht so weit weg von... Wie schlimm war die Sache tatsächlich?
00:28:59: Wahrscheinlich ist es auch die falsche Frage, sich zu überlegen, na ja, ging es uns in der Menschheitsgeschichte schon mal schlimmer?
00:29:04: Ja, also kann es gerade nicht so schlimm sein, sondern eher zu gucken.
00:29:07: Und es ist ja schon alarmierend, dass das was anwahrschreibt, wie er heute so viel zitieren, weil es auch was mit uns gemacht hat.
00:29:14: Dass es jedes Jahr Memes gibt über, das war das schlechteste Jahr in meinem Leben, aber ich bin mir sicher, nächstes Jahr wird noch schlechter.
00:29:21: Das ist ein alarmierender Zustand.
00:29:22: Das ist ein Zustand, den man auch in Zahlen messen kann.
00:29:25: Therapieplätze, psychische Erkrankungen sind auf einem All-Time High.
00:29:29: Das sind alles Momente, von denen ich sagen würde.
00:29:31: Ich glaube, man muss das adressieren.
00:29:33: Aber... Und da bin ich so ein bisschen bei diesem Timothy Shalami Gedanken.
00:29:38: Live comes from you, not at you.
00:29:40: Ich glaube, man kann da auch mal einen kleinen Felix Lobrecht in sich irgendwie hervorrufen, was in Berlin Gedanken angeht, aber für sein Leben und auch für den nächsten Jahre.
00:29:48: Weil, wenn ich ehrlich zu mir selbst bin, es gab in den letzten Jahren sicherlich viele Gründe, warum man sagen könnte, das war jetzt nicht mein Jahr.
00:29:56: Aber mir fallen Minimum doppelt so viele Gründe, warum ich sagen würde, das war ... voll.
00:30:00: Das waren die sind Jahre meines, bei mir persönlich meines Lebens gerade, weil ich die Kinder die letzten Jahre mit dir zusammenbekommen habe und das eigentlich wahrscheinlich Jahre sind, in denen ich mit achtzig noch daran zurückdenken würde.
00:30:11: Ich finde es immer so ein bisschen dieser radikale Optimismus.
00:30:14: Wir haben den ja auch in vielen Bereichen.
00:30:16: Ich finde den manchmal ein bisschen toxisch, wenn es halt Zeiten gibt, wo ich mir denke, ja gut, okay, es ist gerade Winter in der Ukraine.
00:30:24: Die haben Krieg seit Jahren.
00:30:25: Vielleicht ist es einfach auch ein bisschen schwierig, dann irgendwie aus Berlin-Mitte zu erzählen.
00:30:29: Ihr seid doch einfach mal alle ein bisschen positiver.
00:30:31: Aber was jetzt so Jahresempfinden angeht, dann finde ich, kann man sich das zumindest mal, und das ist vielleicht so das, was mir bei dieser Folge jetzt wichtig ist, für sich selber mitnehmen und hinterfragen.
00:30:41: Bei mir hat es jetzt zumindest bei den Berliner Dingen funktioniert, dass ich dachte, das stimmt eigentlich.
00:30:46: Die Stadt ist nicht so schlimm von Oktober bis März, aber alle tun so, als heißt hier nicht auszuhalten und die Hölle.
00:30:53: Ja, natürlich muss man glaube ich an der Stelle dazu sagen, dass Wenn man auch nur überlegt und mit Argumenten versucht zu greifen, war das jetzt mein Ja oder nicht?
00:31:01: Dann ist man schon mitten in einem Privileg drin.
00:31:03: Es gibt Menschen, bei denen diese Frage so nicht stellt, du hast eben die Ukraine schon zitiert.
00:31:09: Jüdische Menschen, da würde ich auch sagen, mit dem extremen Erstagen des Antisemitismus, das ist die Frage, ist das jetzt mein Ja oder nicht?
00:31:15: Die katapultiert sich vor bestimmten Hintergründen einfach ein bisschen selbst weg.
00:31:19: Aber wo ich total mit dir mitgehe, ist, dass man eine ganze Reihe von so Erzählungen vielleicht auch für sich selbst in Frage stellen muss.
00:31:29: Ich würde jetzt nicht sagen, dass Timothy Chalamet das Generalrezept ist.
00:31:34: Ich sehe aber auch schon, dass zum Jahresende auffällig viele Leute jammern über Themen, wo ich sagen würde, ja, Moment, betrifft dich das jetzt so direkt, wie du insinuierst?
00:31:47: Ist das jetzt wirklich so ein so unmittelbarer Wirkungstreffer, den du erlitten hast?
00:31:52: Oder ist es nicht ein bisschen Bewältigungsstrategie?
00:31:55: Jetzt jammer rieger zu werden.
00:31:57: Und auch sich vielleicht schon zu fragen, wie sehr wird das eine selbst erfüllende Prophezeiung?
00:32:01: Wenn man sich zur Jahresende die ganze Zeit mit Memes auseinandersetzt, die sagen, was scheiße, nächstes Jahr wird noch beschissener.
00:32:08: Man könnte auch so ein bisschen die Welt mit sich selbst konfrontieren und sich überlegen, wie wir sind, eher beantwortet mit, was wir sein wollen.
00:32:18: Weil natürlich haben wir ein Stück weit dieses ganze, die Situation gibt allen Grund, Negativ zu sein.
00:32:24: Ich sehe das auch und es macht viel mit mir.
00:32:26: Und trotzdem kann man viel von dem, wie man ist, auch beantworten mit dem, wie man sein will.
00:32:32: Und irgendwann und in manchen Bereichen tritt es ein.
00:32:35: Vielleicht nicht sofort.
00:32:37: Aber ich will mir schon vornehmen, das Optimistischer zu sehen.
00:32:42: Gerade, was ja zu dieser Jahresendzeitmelancholie angeht.
00:32:46: Weil das auch gerade die Jahre sind, das unser Alltag, die Kindheit.
00:32:52: Unsere Kinder ist, und ich will nicht, dass unsere Kinder jedes Jahr zu Ende des Jahres ein melancholische Mutter zu Hause sitzen haben, die sagt, es gibt hundert Gründe, warum man hier gerade nicht feiern sollte.
00:33:02: Weil das wird es in den nächsten Jahren, glaub ich, in ganz vielen Bereichen geben.
00:33:05: Die Zukunft sieht das nicht wahnsinnig rosig aus.
00:33:08: Aber wenn ich mich als Kind an meine Weihnachten erinnere, dann war das ... Unser Sohn hat letzte Woche zu mir gesagt, ob wir nicht die Weihnachtszeke oder das ganze Jahr hängen lassen können.
00:33:18: Ich fand diesen Gedanken so schön.
00:33:21: Es ist ja, man muss halt die Weihnachtsdeko aufhängen, um sie dann das ganze Jahr hängen lassen zu wollen.
00:33:26: Und ich glaube, dass man das gedanklich schon auch versuchen kann bei diesem Weltschmerzthema.
00:33:32: Ich würde gerne mit ihr eine These besprechen, die immer mal wieder bei mir aufgeflackert ist und an die ich mich gerade erinnert habe.
00:33:37: Wir haben ja Sachen,
00:33:38: die,
00:33:39: wie du immer so schön sagst, auf dem Tisch liegen, messbare Veränderungen.
00:33:43: Das betrifft einerseits ... Die Welt, die hat sich verändert.
00:33:47: Die Weltordnung verändert sich.
00:33:48: Es hat einen riesigen Ratenschwanz von politischen Folgen, die bis nach Deutschland wirken.
00:33:54: Digitalisierung kommt dazu, künstliche Intelligenz, Globalisierung.
00:33:57: Das heißt, es passiert draußen sehr viel.
00:33:59: Dann haben wir als zweiten Veränderungspunkt, dass sich die Wahrnehmung der Welt mit sozialen Medien ziemlich dramatisch verändert hat.
00:34:07: Meine These wäre, dass wir als Gesellschaft noch ... keine richtigen Instrumente entwickelt haben, um diese neue Weltsituation und die neue Weltwahrnehmungssituation sinnvoll zu verarbeiten.
00:34:22: Uns fehlt noch ein bisschen das Instrumentarium.
00:34:26: Uns fehlt vielleicht einfach noch die Bewältigungsmechanismen.
00:34:31: Ich hatte ganz oft das Gefühl, irgendwie stürzt gerade die Welt auf mich ein.
00:34:35: Und das war bei Bondar Beach auch so bei den Attentaten.
00:34:38: Die Welt stürzte auf mich ein.
00:34:39: Und es eigentlich ... Dieser spontanen Rückzug, der ist eigentlich eher ein Zeichen davon, dass ich noch nicht richtig geschafft habe.
00:34:46: Wir haben jetzt seit fünfzehn Jahren soziale Medien ziemlich umfassend in die Gesellschaft integriert.
00:34:51: Ich habe offenbar noch nicht entwickelt, ein Instrument, um solche Situationen, wo die Welt auf mich einstützt über soziale Medien, die veränderte, sinnvoll zu prozessieren.
00:35:00: Und
00:35:00: da möchte ich, ich glaube auch, dass das der Grund ist, warum wir so viele jüdische Freunde haben.
00:35:06: Ich finde, wenn es um Resilienz geht.
00:35:09: Wenn es um Optimismus geht,
00:35:11: dann
00:35:12: sucht euch einen großen Freundeskreis, in dem viele Jüdinnen und Juden drin sind, weil das muss man echt sagen für die Bedrohung und für das historische, wirklich in den Köpfen vieler Menschen antisemitische Denken, ist, das finde ich, absolut Wahnsinn.
00:35:30: Welche Art von Humor, welche Art von Optimismus, welche Art von Resilienz, genau von diesen Menschen.
00:35:36: kommt, die den ganzen Tag da sitzen könnten und völlig berechtigterweise einen Groll auf ihre nicht zuhörenden Mitmenschen schieben könnten, auf die stetig wachsende Gefährdung schieben könnten.
00:35:48: Ich habe diese Woche einen Gedanken dazu von Myrna Funk gelesen, die meinte, sie hat sich abgewöhnt, sofort auf alles zu antworten.
00:35:56: das erstmal bei sich zu lassen, gar nicht zu versuchen wollen, alle überzeugend zu wollen.
00:36:01: Und das ist natürlich, ich hab das so gelesen, ich war wahnsinnig traurig, weil ich mir dachte, das ist ja ein Erkenntnis, die kommt aus einer großen Enttäuschung von, ich hab das die letzten Jahre bei ihr gesehen, dass sie das versucht hat und dass so viele dann wirklich mit den dümmsten Argumenten gegen sie geredet haben oder sich so etabliert hat, dass sie ja auch ein bisschen eine schwierige Person ist und so Sachen, also wirklich einfach die Person degradiert wurde.
00:36:21: und das zu sehen, dass jemand ... So einen wirklich, finde ich, beneidenswerten Optimismus und Freude am Leben hat.
00:36:31: Das ist für mich kaum zu begreifen.
00:36:33: Und ich weiß nicht, ob man irgendwann so einen Geigenhumor entwickelt, dass man sich halt denkt, ja, gut, was soll ich hier anderes machen?
00:36:38: So, ich könnte halt den ganzen Tag weinen.
00:36:39: Ich weiß das nicht.
00:36:40: Sicherlich ist das ein Punkt, den man irgendwie, also, ich will das jetzt nicht nur komplett romantisieren, aber ich merke, dass es mir wahnsinnig gut tut, mit Menschen mich zu umgeben, die
00:36:50: diesen... Ja, noch Optimismus entwickeln können, oder?
00:36:53: Ja, das, was Anwar eigentlich auch in dieser Anfangsstory gesagt hat, er ist eigentlich ein Mensch, der radikaler Optimist ist.
00:36:59: Und ich finde, dieses Radikal zu versuchen, zu denken, es wird besser.
00:37:03: Das ist ein wichtiger Gedanke.
00:37:05: Glaubst du, dass Optimismus irgendwann kippt in eine Form von ... Realitätsleugnung oder ... oder die Frage ist eigentlich, gibt es toxischen Optimismus, der einfach ins Verderben führt, weil man ... Die Realität ist, wenn man nichts sein möchte oder weil man glaubst du, dass es das gibt.
00:37:23: Ich finde es eine interessante Frage.
00:37:24: Ich glaube aber, die Frage ist, gibt es eine Realität?
00:37:27: und das glaube ich nicht.
00:37:28: Ich glaube, dass es sehr viele verschiedene Realitäten gibt und dass man sich auch in der, ich sage jetzt mal, Realität oder dass man eine Realität für sich selbst leben kann, die wenig mit.
00:37:38: Weltgeschehen und aktueller Bedrohung zu tun hat.
00:37:42: Aber das ist doch dann, sorry, jetzt wird es gerade sehr deep und philosophisch, aber es ist doch dann eher die Frage, was ist das Sinn des Lebens?
00:37:48: Und der Sinn des Lebens ist Leben.
00:37:49: Und wenn man sich eine Realität schafft, die für einen selbst und für seine Familie aushaltbar ist, dann würde ich sagen, ist das ein beneinswerter Zustand, weil es wird am Ende niemand in deinem Leben stehen und sagen, wie nah hast du an der tatsächlich gelebten Realität der Welt gelebt?
00:38:05: Und ich würde gerade sogar sagen, wenn ich mir diese ganzen Memes und dieses kollektive Unglücklichsein ansehe, dann ist gerade nicht unser größtes Problem, dass wir nicht nah genug an der Realität leben, sondern ich habe neugt zu dir gesagt, dass ich finde, dass das Rententhema so hoffnungslos besprochen wird, dass ich manchmal denke, Deutschland explodiert in zwanzig Jahren.
00:38:23: Das stimmt ja aber nicht.
00:38:25: Es wird ja irgendwie eine Lösung geben und die wird auch irgendwie so sein, dass nicht irgendwie neunzig Prozent der Bevölkerung verhungern müssen im Alter.
00:38:33: dass, wie gerade drüber gesprochen wird, es halt so schwarzmalerisch und so negativ, weil nicht richtig eine Lösung gefunden wird.
00:38:38: Ich sehe es auch, dass ich aber sagen würde, bei mir ist gerade so eine Obergrenze an, was kann ich bei Themen noch aushalten, was Krieg, Klimakrise, Altersvorsorge?
00:38:51: Das ist auch absurd, dass einem sofort noch zwanzig weitere Themen einfallen.
00:38:54: Aber dass einem so viel in so einem Moment einfällt, das zeigt ja, es ist vielleicht auch so eine Obergrenze erreicht.
00:38:58: Was für mich nicht heißt, dass wir nicht mehr über Gefahren reden.
00:39:01: Ich will es gerade nicht so tun, als sei Antisemitismus zum Beispiel in unserer Gesellschaft nicht ein extrem existentes Problem, das eine Bedrohung für Menschen ist, die nicht ich bin, weil ich keine Jüdeln bin, keine Frage.
00:39:11: Trotzdem, wenn wir drüber reden, wie dieses Empfinden Ende des Jahres sich zusammensetzt, dann ist, finde ich, Dann kann eine Antwort darauf sein, dass man sich eine Realität baut, die für einen aushaltbar ist.
00:39:24: Und das sehe ich bei Jüdinnen und Juden.
00:39:26: Das ist aber, finde ich, eine Energy, die man sich auch in anderen Bereichen für sich rausziehen kann und sich überlegen kann.
00:39:34: Wie ist mein Leben für mich so lebbar, dass ich es ertragen kann?
00:39:37: Ja, ich habe, wie gesagt, noch nicht alle Instrumente beisammen, um da so konsistenz zu sein.
00:39:42: Vielleicht ist auch Konsistenz gar kein Wert.
00:39:44: In diesem Bereich, vielleicht muss man auch eher auf die Situation reagieren und sich nicht ständig fragen, ja, aber habe ich hier noch die gleiche Haltung, den gleichen Ansatz, das gleiche Regelwerk, wie neulich, als ich das ganz anders gehandhabt habe?
00:39:57: Glaubst du, dass man mit sich gnädiger sein sollte?
00:40:00: Weil ein bisschen ist diese Jahresendzeit-Darknessstimmung ja auch so eine Selbstgeistlung.
00:40:08: Und da habe ich halt das Gefühl, wenn ich andere Nationen ansehe, sagen wir jetzt mal Israel, sagen wir jetzt mal Großbritannien, einfach so Länder, es ist wie in anderen Völkern mit dieser Problematik um.
00:40:21: Dann finde ich schon, dass bei uns in Deutschland so ein, da kommen relativ viele nicht vorhandene Skills zusammen.
00:40:29: Wir haben Humor überhaupt nicht als Lösungsinstrument, was ich total oft bei Jüdinnen und Juden und im Israelis sehe, dass wirklich so Humor so eine Base ist.
00:40:39: Die wird da, wie viele jüdische Freunde haben wir, die uns ständig jüdische Witze erzählen, wo man sich denkt, interessant, das ist für dich eine Bewältigungsstrategie, die funktioniert und die für einen selbst ja auch irgendwie erhellend ist, weil wir Humor irgendwie gar nicht so kennen.
00:40:55: Dann denke ich, ich meine, das ist sicherlich auch so eine Berlin-Besonderheit, aber ich habe das ja diese Woche gesagt, wie traurig, ich bin das in Berlin so gar keine Weihnachtsbeleuchtung ist, oder wirklich kaum.
00:41:06: Gerade in dem so im eher östischen Teil von Berlin, ich sag jetzt mal nicht irgendwie cool downwood rich people leben, sondern so an allen anderen Orten in Berlin ist es echt, finde ich, sehr dunkel im Vergleich zu anderen deutschen Städten, aber vor allem europäischen Städten wie jetzt London oder so.
00:41:22: Die haben eine Papkultur, die haben die ganze Deko und läuft deswegen da alles gut.
00:41:26: Nein, auf keinen Fall.
00:41:28: Aber wenn wir jetzt allein über was hat, welche Werkzeuge kriegt eine Bevölkerung als Bewältigungsmechanismen so bereitgestellt?
00:41:36: Dann würde ich in Deutschland schon sagen, gibt es sehr viele Werkzeuge nicht.
00:41:41: Und man merkt vor allem die Nicht-Existenz dieser Werkzeuge.
00:41:46: Es
00:41:46: gibt ja diesen Begriff, der Ende des neunzehnten Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts in seinen Grundzügen entstanden ist und dann irgendwann, glaub ich, von Amerikanern benannt worden ist, die German-Angst.
00:41:55: Ja, das sind
00:41:56: so Superpower.
00:41:57: Aber glaubst du,
00:41:58: dass sich die gewandelt hat in so eine German-Darkness?
00:42:01: Ja, finde ich eine interessante These.
00:42:05: weil ich gerade schon sagen würde, naja, also Leute, das ist gerade ultraplakativ, aber ich, wenn ich mir das wirklich genauer ansehe, dann haben, was heißt ich, Italienerinnen, Französ, Französinnen, da ist das Genussding, das geht, wir waren gerade in Rom, das geht über einen, der nennt.
00:42:24: eine Tagesbeschäftigung, sage ich jetzt mal hinaus.
00:42:26: Das ist ein Teil der Identität, sich zu überlegen, was kochen wir morgen, wie genießen wir Weihnachten mit der Familie, was gibt es dann und dann zu essen.
00:42:34: Das ist ja alles so ein Prinzip Hoffnung, dem man nachgehen kann, wenn man irgend eins hat.
00:42:39: Und wenn wir sagen, es ist nicht die German Angst, sondern vielleicht der Erfindergeist in Germany, dann bleibt er ja auch aus, wenn irgendwie gerade monatlich kommt, nächstes Jahr wird das schlimmste wirtschaftliche Jahr, wir schrumpfen wieder, es ist alles total Katastrophe.
00:42:53: Dann ist ja so ein bisschen so ein USP weg, was macht uns?
00:42:57: oder wie bewältigen wir schwierige Zeiten, die ja ganz offensichtlich da sind, die andere Länder auch in irgendeiner Weise bewältigen.
00:43:04: Und es geht jetzt nicht darum, dass es sicherlich viele Leute gibt, die sagen, ja, aber ich mache das über Genuss oder so, ja.
00:43:09: Es geht mir um dieses wie beantwortet, das Volk in einem Land lebend, das Kollektiv.
00:43:15: Und da könnte ich dir um fast alle Länder um uns rum eine Antwort geben.
00:43:19: So eine kollektive Antwort, wo die Länder wahrscheinlich auch sagen würden, da fühle ich mich nicht auf den Schlips getreten, wenn das so wäre.
00:43:26: Ich kann dir das für Deutschland nicht sagen.
00:43:28: Da ist es, finde ich, gerade total Uneinigkeit.
00:43:30: Es ist diese German-Angst, die in der German-Darknis geworden ist.
00:43:33: Vielleicht hängt da noch ein weiterer Aspekt mit dran, dachte ich gerade so, dass diese deutschen Bewältigungsinstrumente, die es auch gibt, ich glaube sogar German-Angst oder German-Darknis, ist eine Form von leicht missratenen Bewältigungsinstrument.
00:43:48: Aber es ganz viele davon zu tun haben, mit Arbeit und Produktivität und Nutzen und um Gottes Willen so vernünftig wie möglich zu sein und dabei einfach komplett außer Acht zu lassen, dass Menschen halt nicht ausschließlich von Vernunft sich ernähren können.
00:44:08: Ja, also diese eigentliche Form von mangelnder Emotionalität im Positiven, wo man sagt, na ja, Das wichtigste deutsche Bewältigungsinstrument ist die Beschwerde.
00:44:21: Es ist nicht, sagen wir mal, ein bisschen bösartig plakativ, das sagen wir in Italien, das große Familienfest mit hundert Tonnen Pasta oder in Frankreich irgendwie den Landwein auf den Tisch zu stellen.
00:44:32: Da gibt es ja eine Vielzahl von Klischees, die am Ende nicht so weit weg sind von der Wahrheit.
00:44:36: Und ein solches Klischee, was nicht weit weg von der Wahrheit ist, wäre eben auch, dass man in Deutschland erst mal meckert.
00:44:42: Ja, ich frage mich gerade, ob es nicht fleiß so ein bisschen ist.
00:44:47: Es gibt ja so diese Theorie, dass das Wirtschaftswunder und so, dass die Leute sich da einfach nach dieser ganzen Schuld mit Krieg und so in die Arbeit gestürzt haben und halt vergessen wollten, was alles passiert ist, ein bisschen gearbeitet haben.
00:44:59: Und ich finde, das ist manchmal auch heute noch so, wenn ich manchmal so sehe, dass dann so ... Omaß, seventy- acht Sorten Plätzchen zu Weihnachten backen.
00:45:06: Das ist ja schon was, wo man sagt, Leute, Leute, Leute, das ist kein Wettbewerb hier.
00:45:10: Aber irgendwie ist es ein bisschen Wettbewerb in Deutschland.
00:45:13: Da geht es ja auch nicht mehr so um Genuss, sondern es gibt Arbeit, die getan werden muss und die muss bewältigt werden auch.
00:45:19: Ich sehe das ein Stück weit, aber ich, wenn wir jetzt einfach nur über die, auch wie das ja Deutsche so zu sehen, Effizienz der Bewältigung sprechen, Dann, glaube ich, ist es nicht wahnsinnig effizient.
00:45:31: Und glaube, um ehrlich zu sein, in einem fucking Pub in London zu sitzen oder was soll es, ich woh in Irland zu sitzen und sich da ein reinzulöten und dann schunkelnd mit dem halben Dorf zu feiern, ich vermisse es, obwohl ich das nicht kenne.
00:45:44: Das ist in unserer Kultur nicht existent und ich hätte gerne, dass es in irgendeiner Form existent ist, weil ich glaube, dass es in dunklen Zeiten helfen kann.
00:45:52: Es gibt ja eine Vielzahl von Accounts inzwischen, ich voll glaube ich gefühlt ein siebzig Stück.
00:45:58: wo Amerikaner innen und ein paar andere Nationen auch immer mal wieder, die in Deutschland leben, quasi in so einer Art Deutschlandsoziologie im Kleinen veröffentlichen.
00:46:06: Wo die
00:46:06: denn das?
00:46:07: Das ist ganz witzig.
00:46:09: Ganz lustig.
00:46:09: Ich muss mich immer ertappen, also ich muss mich immer so ein bisschen zurückhalten und nicht zu denken, auch ja toll, da fühle ich mich so richtig heimisch, weil manchmal ist das schon so ein bisschen merkwürdig.
00:46:18: Aber unabhängig davon, das Wichtigste ... Analytische Element, was ganz viele von diesen Accounts immer wieder auf ganz viele verschiedene Weise zeigen, ist die unfassbare Ernsthaftigkeit, mit der in Deutschland alles getan wird.
00:46:34: Es wird sogar ernsthaft gesoffen.
00:46:36: Nichts wird unernsthaft gesoffen.
00:46:38: Man
00:46:38: muss sich in die Augen sehen, man muss das Glas abdrücken.
00:46:39: Du hast
00:46:39: ja vorher gesagt, mit der Abwiesenheit von einem deutschen Humor als Bewertungsinstrument, es ist ja nicht nur die Abwiesenheit von Humor, es ist ja die Verengung auf ... Wenn es leicht zu gehen könnte, muss Ernsthaftigkeit der wichtigste Wert der Welt bleiben.
00:46:59: Man muss es ernst meinen, sogar im Fun.
00:47:02: Man kann es nicht nicht ernst meinen.
00:47:05: Vielleicht ist es nicht die Abwesenheit von einem Bewältigungsinstrument, sondern die Anwesenheit des Ernsthaftigkeitszwangs, der diese ... Darkness zum Jahresende, einfach immer wieder um den Optimismus bereinigt.
00:47:18: Weil so viele Leute sagen, nee, jetzt schauen wir uns das mal an.
00:47:22: Ganz nüchtern betrachtet, ist doch schlecht.
00:47:23: Ich glaube mit einer Abschottierung, diese Memes werden ja nicht allein in Deutschland produziert, sondern ich glaube, das ist so ein Grundgefühl von, das war nicht mein Ja, das gibt es inzwischen überall auf der Welt und viele Leute können damit was anfangen.
00:47:36: Ich merke nur, dass ich für mich irgendwie realisieren möchte, dass man auch damit anfangen kann, optimistischer zu sein oder es zumindest zu versuchen in Zeiten, wo einem das schwer fällt.
00:47:49: Und mir ging das jetzt nach Sydney auch so, dass ich genau das dachte, was anwes ich dachte.
00:47:54: Es fällt mir gerade so schwer zu glauben, dass es irgendwann besser wird.
00:47:58: Aber das Anzuerkennen, sich darin zu sehen und trotzdem zu hoffen, oder trotzdem dieses Ziel nicht aus den Augen zu fehlen, dass man hofft, dass das irgendwann eintritt, dieser Zustand, das ist für mich Optimismus.
00:48:08: Und ich glaube, dass man denen, egal wie dunkel die Zeiten sind, haben kann.
00:48:15: Ich glaube, dass ein zu viel Optimismus nicht gefährdet.
00:48:18: Ich glaube eher, dass es der Pessimismus ist, der eingefährdet.
00:48:22: Deswegen sperr ich mich wahrscheinlich auch so gegen diese Memes, obwohl es so viele Gründe dafür gibt.
00:48:27: Weil ich mir denke, das, was du vorhin meintest, kann man irgendwie zu weit weg von der Realität sein.
00:48:33: Nee, glaube ich nicht.
00:48:34: Ich glaube, dass wir Deutschen jetzt nicht grundsätzlich gefahr laufen, alle zu weit weg von der Realität zu sein.
00:48:39: Sondern selbst wenn uns das so vorkommt, als wären wir schon super weit draußen.
00:48:43: ist das für alle anderen Länder trotzdem noch extrem pessimistisch.
00:48:46: Ich glaube, ich kann mal das wagen.
00:48:49: Ich möchte eine andere diskriminierte Gruppe mit dem Schwerpunkt USA mal rausziehen.
00:48:56: Und da eine spezielle Aktivität, die mir in sozialen Medien aufgefallen ist.
00:48:59: Das ist eine der ersten, würde ich mal sagen, gleichzeitig sehr speziellen, aber auch übergreifenden Optimismus-Kampagnen, die ich in sozialen Medien mitbekommen habe.
00:49:08: Ist ja gespont.
00:49:08: Die hat seit Jahrzehnten angefangen.
00:49:10: hat es in den Höhepunkt gehabt.
00:49:12: Irgendwann hat sogar Obama mitgemacht.
00:49:14: Und die hieß, it gets better.
00:49:17: Und dieses It Gets Better Project, das hat ja nicht nur eine messbare Wirkung, sondern das hat einen ganz traurigen und katastrophalen Punkt adressiert.
00:49:26: Aber eine umso bessere Wirkung, wenn man es so ein bisschen isoliert versucht zu betrachten.
00:49:30: Nämlich, dass damals, im Jahr Jahrzehnte, im Jahr Jahrzehnte, die Suizidraten von LGBTIQ Jugendlichen ... explodiert sind.
00:49:41: Der Kern dieser Kampagne war, dass insbesondere ältere Schwule, ältere Lesben in die Kamera gesagt haben, Leute, es ist gerade ein richtig Darker Zeitpunkt.
00:49:50: Wir sehen das.
00:49:52: Aber es wird besser.
00:49:53: Wir haben es oft erlebt.
00:49:54: Es wird besser.
00:49:55: It gets better.
00:49:57: Und diese Nachricht, dass du über so einen dunklen Punkt hinwegkommen kannst, wenn du dir sagst, es wird besser werden.
00:50:05: Diese Nachricht, die hat ... tatsächlich messbar die Suizidrate bei Jugendlichen gesenkt.
00:50:13: Das finde ich schön.
00:50:14: Da gab es
00:50:15: eine wirklich messbare Auswirkung davon, dass man versucht hat, Optimismus zu verbreiten, auch und gerade in Situationen, die sich anfühlen, als sei hier kein Optimismus mehr möglich.
00:50:26: Leute, das waren unsere Gedanken zu dieser Sendung.
00:50:28: Ich sage euch gleich ehrlich, sobald, ASAP ... die Apps den Akten veröffentlicht werden.
00:50:35: Wir haben wenige Tage, es ist absurd, dass diese Sendung nicht schon komplett über dieses Thema ist, aber die Akten sind nicht veröffentlicht.
00:50:41: Sobald die da sind.
00:50:42: Lesen wir das, was uns wahrscheinlich einige Stunden dauert, und nehmen da eine Folge dazu auf.
00:50:46: Und die kommt, es soon as possible.
00:50:49: Ihr werdet nicht, also wenn die veröffentlicht werden, erst am Heiligabend nächste Woche die Folge haben, sondern hoffentlich schon früher.
00:50:56: Das möchte ich euch gleich antießen.
00:50:58: Also schaut immer mal wieder rein.
00:51:00: Gerne auch in unsere Insta-Stories.
00:51:01: Wir werden es da bewerben, wenn die Folge da ist.
00:51:03: Es ist das Thema der Stunde.
00:51:04: Das wissen wir auch, aber es ist gerade noch nichts zu berichten.
00:51:07: Aber wir haben das natürlich auf dem Schirm.
00:51:08: Da wird wirklich Weihnachten kurz mal abgesagt, wenn dieses Thema draußen ist.
00:51:11: Und wir werden das hoffentlich dann auch in der Tiefe behandeln können, die ihr euch von uns bei diesem Thema wünscht.
00:51:17: Ansonsten vielen Dank fürs Zuhören.
00:51:18: Wir hören uns, wie gesagt, ASAP.
00:51:20: Und bis dahin ganz frohe Vorbereitungen für die Feiertage für euch.
00:51:25: Und falls ihr vielleicht jetzt auch die nächsten Folgen skipt, weil ihr selbst irgendwie viel zu tun habt, dann kommt ganz gut ins neue Jahr, kommt gesund und glücklich.
00:51:33: und so optimistisch es geht ins neue Jahr.
00:51:36: Alles Gute, tschüss.
00:51:37: Ciao.
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